Ein Voraustrupp des deutschen Eliteverbandes Kommando Spezialkräfte (KSK) ist am Pfingstwochenende zu einem neuen Auftrag nach Afghanistan aufgebrochen, die Hauptkräfte sollen in Kürze nachfolgen. Die Bundeswehr-Einheit steht offenbar vor ihrem bisher umfangreichsten Einsatz, der unter größter Geheimhaltung vorbereitet wurde.
Ein Teil der Spezialkräfte soll in Badakhshan, einer Provinz im Nordosten des Landes, den Schutz der dort stationierten deutschen Isaf-Soldaten gewährleisten, die in der Provinzhauptstadt Faizabad ein Wiederaufbauteam betreiben. Isaf steht für "International Security Assistance Force" - eine Truppe mit einem Mandat der Uno.
Schwerpunkt des neuen KSK-Einsatzes aber ist der Kampf im südöstlichen Teil des Landes, im Grenzgebiet zu Pakistan, wo Taliban und al-Qaida seit einigen Wochen eine Frühjahrsoffensive gegen die Amerikaner gestartet haben. Die Deutschen sollen sich diesmal von Anfang an um einen eigenen Sektor kümmern, in dem sie auch die sogenannte Coordinating Authority haben, womit sie ihre Ziele weitgehend selbst bestimmen. Gefangene sollen möglichst an afghanische Sicherheitskräfte übergeben werden. Beim letzten Einsatz, der vor eineinhalb Jahren endete, hatte es eine interne Weisung gegeben, mutmaßliche Terroristen nicht zu verhaften, um sie nicht an die Amerikaner ausliefern zu müssen, die wegen ihres Umgangs mit Kriegsgefangenen international scharf kritisiert werden. Der Einsatz im Rahmen des Kriegs gegen den Terrorismus (Operation Enduring Freedom) soll bis zur Parlamentswahl in Afghanistan im September, maximal aber sechs Monate dauern.
Sicherheitsexperten erwarten nach den antiamerikanischen Demonstrationen der vergangenen Wochen, bei denen es zahlreiche Tote und Verletzte gab, und nach den neuesten Enthüllungen zu Folterungen in Bagram weitere Unruhen in Afghanistan. Die von Präsident Hamid Karzai favorisierte "Strategische Partnerschaft", die den USA die Dauerpräsenz im Land garantieren soll, wird von den Oppositionellen als Provokation angesehen. Die Aufstände gelten auch als Kraftprobe zwischen der Regierung Karzai und den Taliban sowie Provinzfürsten und Drogenhändlern, die bisher beinahe unbehelligt ihren Geschäften nachgehen konnten. Verteidigungsminister Peter Struck war Ende April nach Afghanistan gereist und hatte mit Karzai die Details des KSK-Einsatzes besprochen. In Berlin gilt der neue Auftrag des KSK als geheime Kommandosache, auch weil damit die Friedens- mit der Kriegsmission enger verbunden wird. Selbst die Obleute der Fraktionen, Anfang des Jahres grob informiert, "kennen den genauen Auftrag und den militärischen Befehl nicht", so einer der Vertrauensleute.