Zitat von
Beverly
Hier geht es um die Frage, inweiweit der "objektive" Gehalt einer Weltanschauun bzw. Ideologie überhaupt bestimmt, dass man sich zu ihr bekennt. Sind da andere Faktoren nicht viel wichtiger? Vielleicht sogar entscheidend.
Die Fanatiker und Eiferer oder auch nur die skrupellosen Lügner würden natürlich behaupten, dass ihre jeweilige Weltanschauung die beste ist und mit der Welt und ggfs. ihrem Schöpfer am besten in Einklang steht. Der liberal-bürgerliche Mainstream rechtfertigt dann alles mit den "Realitäten", der Religiöse mit "Gott" und beide merken nicht, wie ähnlich - um nicht zu sagen: schal - ihre Argumentationsstruktur ist.
Unsinn, Irrationalität und Menschenverachtung ignorieren die von den Hardlinern beider Seiten mit Zähnen und Klauen verteidigte Grenze zwischen "religiös" und "säkular", als ob es sie nicht gäbe. Wer hat mehr gemordert? Die gottesfürchtigen Patres der Inquisition oder die Technokraten im Nazireich? Übertrifft nicht die Rassenlehre der Nazis und artverwandter säkularer Ideologien an Unfug noch jede Religion, deren Gott nichts auf die Hautfarbe gibt?
Das wass da auf die eine oder andere Art und Weise als Dogma, als Diskurs oder Mythos da ist, ist vielleicht sogar dass, was am wenigsten jemanden zum Anhänger einer Ideologie macht. Viel entscheidender ist die Funktion der Ideologie für den Menschen und seine Gesellschaft.
An mir selbst und an anderen sehe ich immer wieder, wie stark die Biografie jemanden ideologisch zu dem macht, der er oder sie ist. Nur zu oft suchen sich denkfähige Menschen da etwas, was im krassen Gegensatz zu dem steht, was sie zugleich erleben und verachten.
Neben der Biografie durfte und darf ich da beobachten, dass sich viele Zeitgenossen nur einem Dikurs anschließen, weil er ihnen Vorteile verspricht. Der Sozialwissenschaftler kommt leichter an Pfründe, wenn er neoliberale Diskurse nachplappert als wenn er die akuten Zustände als die Neuauflage der Marxschen Verelendungstheorien deutet.
Der heterosexuelle Macho fährt seinen Diskurs, weil in ihm Gott die Welt nur für ihn gemacht hat. Sein Sittengeschwätz glaubt er vielleicht selbst nicht, geschweigen denn lebt danach.
Als dritter Faktor ist da noch Propaganda, Massensugestion und co. Diskurse, deren Protagonisten die Menschen hypnotisieren oder mit Psychoterror überziehen - egal ob bei den Nazis, in der DDR oder in Merkeldeutschland.
Was bleibt da noch an objektiver Überzeugungskraft der Ideologie selbst übrig?
Ist es doch so, dass die Ideologie selbt zu
100 bis 75 Prozent
oder
50 bis 75 Prozent
die Menschen überzeugt.
Oder überzeugt sie selbst nur zu
25 bis 50 Prozent
oder
0 bis 25 Prozent
und das meiste ihrer Wirkkraft geht auf äußere Faktoren zurück.