„Ich sage, was ich denke”
Charlotte Knobloch über Antisemitismus junger Muslime, deutschen Patriotismus und Israel-KritikEs ist zu hören, dass „Du Jude” inzwischen ein häufiges Schimpfwort auf deutschen Schulhöfen ist, das gerade auch von muslimischen Jugendlichen verwendet wird. Zieht hier eine neue Gefahr auf?
Das sehe ich so, ja. Es mehren sich die Anzeichen, dass deutsche Rechtsextreme und muslimische Glaubenskrieger in ihrem Judenhass verschmelzen - und im iranischen Despoten finden sie ihr Idol. Gerade aus diesem Grund ist es so wichtig, dass hier der Koran-Unterricht auf Deutsch stattfindet und von staatlich geprüften Lehrern erteilt wird. Nur so haben die Kultusministerien die Möglichkeit, über die Lerninhalte zu wachen. Die jungen Muslime den Koranschulen zu überlassen, ist falsch. Ich habe Lehrbücher, die dort verwendet werden und die zur Vernichtung aller Ungläubigen - Christen wie Juden - aufrufen, gesehen.Darf Israel überhaupt kritisiert werden?
Selbstverständlich - die Israelis selbst sind teilweise die härtesten Kritiker ihrer Regierung. Wie jeder andere demokratische Staat auch, darf man die israelische Politik kritisieren. Diese Kritik darf aber niemals als Vehikel für Antisemitismus dienen.Wie stark schätzen Sie den Antisemitismus heute ein? Wie viel erfahren die jüdischen Gemeinden davon?
Beschimpfungen und Hassbriefe, die in den Gemeinden eingehen, haben in den letzten Jahren sicher zugenommen. Auffallend ist zu beobachten, dass Inhalt und Stil dieser Schreiben heute auf gebildete Absender schließen lassen. Das war vor zehn Jahren nicht der Fall. Und vieles, was damals anonym gesendet wurde, erhalten wir heute mit vollständiger Anschrift. Besonders stark war der Zulauf solcher Äußerungen während der Libanon-Krise im vergangenen Sommer...[Links nur für registrierte Nutzer]Die Franzosen, Engländer, Amerikaner lieben ihre Länder doch auch. Und nur wer sich mit seinem Land identifiziert, kann sich dafür verantwortlich fühlen, was darin geschieht. Vaterlandsliebe darf keine Exklusiv-Domäne der Rechtsextremen sein.
Die Fett geschriebenen Zeilen sind die Fragen des Münchner Merkur, der Rest die Antworten von Frau Knobloch.
Kommt es mir nur so vor, oder ist die Frau in letzter Zeit in Ihren Äußerungen etwas gemäßigter geworden? Verschiebt sich der Fokus nun vom deutschen Schuldkult mehr und mehr auf den Islam?