Sonntag, 13. Oktober 2019
Handelskrieg, Brexit, SUV-Hass "VW wird es am härtesten treffen"
Der Handelskrieg zwischen den USA und China schwächt den Autoabsatz im Reich der Mitte, kein gutes Zeichen für Weltmarktführer VW.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Handelsstreit zwischen den USA und China eskaliert. Der Brexit endet im Chaos. Dazu noch Rezessionsängste und Klimawandel: Das sind keine einfachen Zeiten für die deutsche Autoindustrie. Kurzarbeit, Werksschließungen, Massenentlassungen - welche Konsequenzen drohen? n-tv.de fragt den Autoexperten Helmut Becker.
n-tv.de: Der Handelsstreit zwischen China und den USA dauert an, die Konjunkturaussichten verdüstern sich: Wie ist es um die deutsche Automobilindustrie bestellt?
Helmut Becker: Die Lage für die deutsche Automobilindustrie hat sich rapide verschlechtert. Die Gemengelage an Problemen ist einmalig. Das war in dieser Form nicht zu erwarten. Erstens sind da die von außen kommenden, externen Störfaktoren wie der Handelsstreit zwischen den USA und China oder das Brexit-Geschacher. So etwas lässt sich nur schwer prognostizieren. Zweitens gibt es die internen strukturellen Probleme in Bezug auf die politisch geforderte Umstellung der Verbrennertechnik auf Elektroautos. Und drittens sind da die konjunkturellen Probleme, die wiederum absehbar waren, da der Höhepunkt der weltweiten Autokonjunktur im letzten Jahr bereits überschritten wurde.
Erste Autohersteller wie etwa Opel verordnen Kurzarbeit. Bei den Zulieferern sieht es noch düsterer aus. Selbst Branchengrößen schlagen Alarm: Conti schließt ein Werk, bei Bosch sind Jobs gefährdet. Sind das die Vorzeichen einer Entlassungswelle?
[Links nur für registrierte Nutzer] [Links nur für registrierte Nutzer] 02.10.19
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Das ist zu befürchten. Denn nur die angesprochenen konjunkturellen Probleme lassen sich bis zu einem gewissen Maß über interne Arbeitszeitmodelle a la 2008/09 abfedern: Wenn die Nachfrage zurückgeht und die Produktion angepasst wird, verlängert man beispielsweise einfach den Werksurlaub oder gibt Freischichten, die später via Überstunden wieder hereingearbeitet werden. So hat Konjunktur früher funktioniert. Das ist nun vorbei.
Aber die Automobilindustrie sieht sich doch zusätzlich noch einem strukturellen Umbruch gegenüber?
Richtig, das ist die zweite Komponente, mit der sich die Unternehmen auseinandersetzen müssen: weg vom Verbrenner, hin zur Elektromobilität. Damit fallen dauerhaft, ich betone dauerhaft, ganze Beschäftigungszweige weg, die Kompensation fehlt und so kommt es dann zu Entlassungen.
Gibt es dazu bereits konkrete Zahlen?
Nur grobe Schätzungen. Im radikalsten Fall, worst case sozusagen, also wenn die Verbrennertechnologie komplett abgeschafft würde und wir nur noch vollelektrisch fahren, könnte es 250.000 Jobs bei den Herstellern und in der Zuliefererindustrie treffen. Dazu kämen aber noch weitere Zigtausende Arbeitsplätze beispielsweise bei den automobilnahen Dienstleistungen - bis hin zum Bäcker um die Ecke. Einkommensmäßig betroffen wäre es eine Stadt wie München, die plötzlich vom gesamtwirtschaftlichen Lohnzettel verschwinden würde.
Aber wird es diesen worst case geben?
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Nein, sicherlich nicht. So weit wird es nicht kommen, denn die reine Elektromobilität, so hochgepriesen sie auch derzeit ist und so einseitig sich die Politik auf die Batterie-Elektromobilität festgelegt hat, wird sich so radikal nicht durchsetzen. So schnell wie die Politik oder Volkswagen das will, wird es die Umstellung vom Verbrenner hin zum Elektroauto nicht geben.