Trotz westlicher Sanktionen haben deutsche Firmen im vergangenen Jahr die höchste Summe seit der Finanzkrise 2008-2009 in die russische Wirtschaft investiert, wie die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer (AHK) in Moskau unter Berufung auf neueste Zahlen der Bundesbank mitteilte. „Neben Großprojekten wie Nord Stream 2 sind es gerade deutsche Mittelständler und Familienbetriebe, die Chancen erkennen, die der große russische Markt bietet“, sagt der AHK-Vorstandsvorsitzende Matthias Schepp. Der seit 2014 stark abgewertete Rubel macht Investitionen im größten Flächenstaat der Erde attraktiv.
Die Bundesbank hat in ihrer Endberechnung die deutschen Netto-Direktinvestitionen in Russland im Jahr 2018 um mehr als eine Milliarde Euro nach oben korrigiert – auf 3,26 Milliarden Euro. In den vorläufigen Berechnungen ging die Bundesbank davon aus, dass 2,1 Milliarden Euro investiert wurden.
Lediglich in den Jahren 2006 bis 2008 waren die Netto-Direktinvestitionen höher. 2007 bleibt mit 7,4 Milliarden Euro bis heute ein Rekordjahr. Damals hatte ein Einzelgeschäft den Wert nach oben getrieben, als der deutsche Energiekonzern E.On (heute Uniper) 4,6 Milliarden Euro in einen russischen Stromproduzenten investierte.
Auch die Netto-Direktinvestitionen für das Jahr 2017 hat die Bundesbank von 1,6 Milliarden Euro auf 2,8 Milliarden Euro erhöht. Somit stiegen die Investitionen 2018 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 14 Prozent an. „Gerade Unternehmen, die Russland gut kennen, lassen sich durch Sanktionen und politische Probleme nicht so schnell einschüchtern“, erklärt AHK-Vorstandsvorsitzender Schepp.
Laut Schepp schlage sich das starke Interesse am deutsch-russischen Handel auch im AHK-Mitgliederwachstum nieder. Die AHK ist der einzige ausländische Wirtschaftsverband in Russland mit deutlich ansteigendem Zuspruch, in den vergangenen beiden Jahren stieg die Mitgliederzahl um zehn Prozent auf knapp 900.
Zu den hohen Investitionen haben auch Großprojekte wie die Ostseepipeline Nord Stream 2 beigetragen. Deren Investitionsvolumen wird insgesamt mit neun Milliarden Euro beziffert, mit Wintershall und Uniper sind zwei deutsche Unternehmen als Geldgeber mit jeweils 950 Millionen Euro beteiligt. Volkswagen investierte seit 2014 mehr als eine halbe Milliarde Euro in den Ausbau seiner Produktionen in Kaluga und in Nischnij Nowgorod. Anfang April wohnten Präsident Wladimir Putin und Wirtschaftsminister Peter Altmaier der Eröffnung des Mercedes-Benz-Werkes unweit von Moskau bei, in die mehr 250 Millionen Euro investiert wurden.
Auch der deutsch-russische Handel stieg 2018 um 8,4 Prozent auf 61,9 Milliarden Euro an. Die deutschen Importe aus Russland legten im Vorjahresvergleich um 14,7 Prozent zu und betrugen rund 36 Milliarden Euro. Die Exporte nach Russland sind um 0,6 Prozent auf 25,9 Milliarden Euro gestiegen, geht aus Berechnungen des Statistischen Bundesamts hervor.