Achdumeinegüte. Das tut mir wirklich sehr sehr leid, was deiner Frau zugestoßen ist und ja, das interessiert mich natürlich sehr, evtl. ergibt sich ja mal die Gelegenheit für ein persönliches Gespräch.
Generell habe ich andere Erfahrungen gemacht (was aber deine persönliche Erfahrung in keiner Weise tangieren soll):
Ich bin etwas jünger als ein typischer "68er", die Langhansens und Teufels waren Figuren, zu denen man damals emporblickte, die aber unerreichbar waren. Kommunen mit sehr hübschen Mädchen, die sagen wir reichlich unkompliziert waren, gab es aber auch schon für meine Altersgruppe. Die von mir ab der 7. Klasse besuchte Schule war eher liberal organisiert, trotz gleicher Schulart ein großer Unterschied zu den zuvor durchlittenen Jahren auf dem Maximiliansgymnasium in München. Das Wort "Punk" gab es noch nicht damals, dafür aber am alten Max 1 Stück Langhaarigen neben 500 mit kurzen Haaren, später war das dann umgekehrt.
Den Effekt eines Selbsthasses konnte ich in Einzelfällen bis hin zum Selbstmord zwar auch beobachten (erschütternd!), aber es war eben doch die große Ausnahme, also 3 Fälle auf fast 800 Schüler. 3 Fälle zuviel natürlich aber nicht ausreichend um den von dir beschriebenen Effekt als typisch zu definieren.
Unsere Lehrkräfte waren alte Altphilologen, 1 SS-Offizier (selbst geoutet) im Fach Griechisch und ein Altnazi im Fach Deutsch, der Rest sauber. Es gab damals schon mehrere erklärte Linke, 1 x Zeichnen/Werken, 2 x Latein. Die Geschichtslehrer waren ältere gutbürgerliche Herren. Der Nationalsozialismus war natürlich Intensiv-Thema, schließlich war München zu dieser Zeit noch immer von etlichen Ruinen gekennzeichnet, aber im Vergleich zu den klassischen Themen wie Hellas und Rom eher sekundär. Die Nazis wurden als das bezeichnet was sie waren und auch die Kriegsschuld an beiden Weltkriegen eindeutig zu Lasten Deutschlands dargestellt, ohne allerdings der jungen Generation diese Schuld aufzubürden. Die Schulbücher in Deutsch ("Die Brücke") waren auch aus heutiger Sicht erstklassig, ein Gemisch aus moderner, kritischer Literatur wie Grass und Böll, aber auch Gottfried Benn, Anettchen, und natürlich die alten Griechen auf Deutsch, passend zum anderen Fach mit den alten Griechen auf griechisch (sapperlot, schwierig, ehrlich).
Die Todesfälle wurden damals in den Elternhäuser der Kameraden eher auf den Leistungsdruck und die elterliche Strenge zurückgeführt. Die Prügelstrafe war auch bei mir zuhause gang und gäbe und nicht nur einmal zeigten wir uns beim Turnen gegenseitig die blutigen Striemen. Diesem kulturellen Druck begegneten wir schon damals mit starkem Druck der Subkultur. Rauschmittelkonsum (Koks, Extasy etc. gab es noch nicht, dafür aber Shit in allen Formen und Farben billig an jeder Ecke), Musikkonsum der harten Art. Klavierunterricht vormittags, Rolling Stones am Nachmittag mit Blümchensex ohne Penetration...Naja, da gabs ja auch noch viel zu lernen.
Was ein Jude ist war mir damals nicht klar, das Thema wurde leidenschaftslos angerissen, der Holocaust nicht verschwiegen, nicht gefeiert und auch nicht verdammt, sondern als geschichtliches Ereignis dargestellt und hingenommen. Wichtiger war "der Blaumann", der als Damoklesschwert über unseren Köpfen hing, falls es mit der akademischen Ausbildung nicht funktionieren würde. Evangelische Gläubige erschienen mir noch mit 18 eher exotisch, Juden und Muslime gänzlich uninteressiert im nahen Osten gelassen.
Wichtig und breit aufgefächert war erst der Vietnamkrieg. DIE Proteste habe ich hautnah mitbekommen, der Länge und Breite nach und natürlich waren wir auf Seiten der Freiheit Kambodschas, als die Amerikaner völkerrechtswidrig Kambodscha bombardierten, um die Versorgung des Vietcong über den Ho-Tschi-Minh-Pfad zu unterbrechen.
Ho Ho Ho Tschi Minh, und die lustige Maobibel gabs auch, die aber gar nichts damit zu tun hatte.
Die ganze Szene in München war fasziniert und schockiert von den Bildern aus Vietnam, in Schwarz-Weiß aus der alten SABA-Röhre in die Wohnzimmer geliefert.
Der Vater jubelte bei jeder amerikanischen Bombe und wir saßen später in den Amiparka gekauert mit Joint und Eckes-Edelkirsch und philosophierten über die Welt ohne Gott und demonstrierten gegen die Amis.
Klingt wirklich seltsam, aber das waren im Rückblick gute Jahre für mich. Vietnam war weit weg, Amerika auch, die UDSSR eiskalt. Den Prügelorgien der Bullen auf den Demos ging ich aus dem Weg und auch ansonsten schon immer meiner eigenen Wege.
Die Gesellschaft soweit ich sie beobachten konnte wurde nicht "schwer krank" gemacht, nicht so wie heute, wo PEGIDA und Co. mit Lärm den baldigen Untergang Deutschlands prophezeien und vielleicht wirklich jemand damit krank machen.
Das ist zweifellos richtig. Ich frage mich nur, wie viele normale BRD-Bürger es (noch) gibt. Mitunter könnte man den Eindruck gewinnen, die findet man immer seltener. Selbst hier im Forum sehen sie sich einer zunehmenden Zahl links-grün trunkener Zeitgenossen gegenüber. Ein bemerkenswertes Phänomen, das wohl nur psychologisch erklärbar ist.
Wenn das Licht der Vergangenheit nicht mehr unsere Zukunft erhellt, irrt der menschliche Geist in Finsternis. Alexis de Tocqueville
Warum denn verbieten?
Viel besser wäre es doch, wenn man mittelfristig Gegenentwürfe dazu etablieren könnte und Ansätze dafür gibt es inzwischen ja erfreulicherweise eine ganze Menge.
Wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann willst Du die Typen einfach nur kopieren, weil Du Dir so bessere Chancen für alternative Machtoptionen erhoffst, aber ich glaube nicht daß das funktionieren würde, weil Leute, die sich wirklich für Politik interessieren nicht primär darauf aus sind, sich an hohlbirnigen Damen in knapper Kostümierung zu erfreuen, wenn es um ihr "Hobby" geht. Ansehen würde sich das Viele schon, aber ich glaube, es wäre für sie auch in Ordnung, wenn es z.B. Cheerleader einer Mannschaft wären; es müßte nicht exklusiv die Bundesvorsitzende der grünen Jugend sein.
Natürlich, aber warum ist das so?
In der DDR gab es auch haufenweise Veranstaltungen, bei denen Tausende "schöner" junger Menschen auf vergleichbare (nicht ähnliche) Art und Weise öffentlich dem real existierenden Sozialismus und dem Vorsitzenden des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und Staatsratsvorsitzenden der Deutschen Demokratischen Republik, dem Genossen Erich Honecker, huldigten, aber irgendwann konnte das den Untergang des Regimes auch nicht mehr aufhalten. Das lag sicherlich auch daran, daß das überwiegend gut gebildete und politisch interessierte Staatsvolk den ganzen Hokuspokus durchschaut hatte und andere Prioritäten setzte, die keinerlei Berührungspunkte mehr mit den bestellten Jubelperserorgien der regierigen Meinungsdikatoren hatten.
Heute besteht das Volk (gefühlt) aus einer überwältigende Mehrheit ungebildeter, hedonistischer Genuß- und Konsumjunkies, die oft über keine politische Bildung verfügen und lieber bereitwillig vorformulierte Meinungsäußerungen nachplappern, anstatt selber nachzudenken oder sogar selbst zu recherchieren, aber ich glaube nicht, daß das wirklich nur so ist. Die von den aktuellen Machthabern immer und immer wieder etablierten Zerrbilder, die das suggerieren, wird man aber nicht dadurch los, daß man sie kopiert und "ältere Semester" verunglimpft bzw. ausgrenzt, die überproportional stark dazu beitragen, daß es überhaupt Widerstände gegen diesen Mehltau gibt, mit dem das Regime die jungen Leute immer erfolgreicher überzieht.
Kannst Du Dir vorstellen, daß man diese dämliche Plaudertasche sehr leicht dazu bringen könnte, sich an einer Demo für die völlige Legalisierung des Schächtens von Tieren zu beteiligen, wenn man ihr erzählte, es ginge da um Tierschutz und so und daß das Tierleid endlich mal beendet wird? Ich schon.
Das Hauptproblem ist, daß man immer aggressiver versucht, den Menschen das Denken und Hinterfragen abzugewöhnen und nicht, daß die Diejenigen, die sich dagegen wehren, oft nicht mehr ganz jung sind.
Neee....
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit."
Jean Baptiste Henri Lacordaire (1802-1861)
Wenn Du in der Fremde bist, fühl Dich wie zu Hause - aber benimm Dich nicht so!
Hallo opppa, viele Jahre in meinem Berufsleben hatte ich mit Verbrechern jeglicher Art zu tun. Mir geht Gewalt in jeder Form gegen den Strich. Bei uns im Städtchen ist am Samstag eine Demo mit Gegendemo. Die halbe Innenstadt wird wegen diesen beiden Chaoten- gruppen gesperrt. Es kotzt mich an.
Einige kennen mich - viele können mich.
Mich stört schon die Tatsache, daß die Gegendemonstranten offensichtlich nur noch demonstrieren können, wenn es darum geht, das Unheil, das sie den Demonstranten (wohl aus Sicherheitsgründen) unterstellen, abzuwenden.
Aber in Deutschland ist es wohl noch nie in Mode gewesen, die Gegenseite ausreden zu lassen!
Wenn Du in der Fremde bist, fühl Dich wie zu Hause - aber benimm Dich nicht so!
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