Beim Lesen der nicht gerade für tiefschürfende Analysen bekannten Science Fiction-Serie "Perry Rhodan" sind mir einige Zeilen untergekommen, die ich für so wichtig und für unsere heutige Zeit so zutreffend halte, dass ich sie hier zur Diskussione stellen möchte:
Trotz der gewaltigen Ausdehnung des Solaren Imperiums (...) gab es immer wieder Augenblicke, in denen ein einzelner Mensch das Schicksal seines Volkes in den Händen hielt.
Irgendwie hatte diese Überlegung für Perry Rhodan etwas Tröstliches. Sie bewies, daß der Einzelmensch nicht in der übermächtigen Maschinerie der technischen Vervollkommnung untergegangen war. Die Erschließung des Weltraums hatte die Menschheit vor neue Aufgaben und Probleme gestellt.
Und dieser Raum war so unermesslich groß, daß er die Menschheit in sich aufsaugen konnte, daß er neue Schwierigkeiten schaffen und die Terraner zu immer neuen Leistungen anspornen konnte.
Dekadenz und Vermassung, die der Menschheit gedroht hatten, wenn es ihr nicht gelungen wäre, in den Weltraum vorzustoßen, waren abgewendet worden.
Quelle: „Perry Rhodan - Silberbände“, Band 24, Seite 211, Moewig-Verlag, Rastatt 1985, zuerst zwischen 1965-67 erschienen
Dass Deutschland und die Welt heute dekadent sind, steht außer Frage. Dekadenz äußert sich allerdings nicht im Wohlsein - dass ist das, was der Mensch mit Rechst anstrebt. Sie äußert sich für die Reichen darin, dass ihr Wohlsein letztendlich sinnlos ist und für die Armen darin, dass ihnen das Wohlsein vorsätzlich verweigert wird. Die Mittelschicht pendelt zwischen einem "Wohlsein", das nur eine Art Narrenfreiheit oder auch "Stallfütterung" ist und der Angst vor dem Absturz in die Armutl
Dem o. g. Zitat zufolge, liegen die Ursachen für Dekadenz klar auf der Hand:
1. Die Menschheit degeneriert, weil sie sich der Herausforderung "Weltraum" mehr oder weniger verweigert.
So geben die USA ca 20mal so viel für eine weitgehend nutzlose und aufgeblähte Armee wie für Raumfahrt aus. Das private Kapital verschiebt viele Milliarden um den Globus, doch kaum einer der Superreichen gönnt sich für 20 Millionen Dollar den Trip zur ISS oder spendiert denen für eine Milliarde Dollar mal ein Modul.
Damit treten gleich auf mehreren Feldern schwere Defizite auf
- der Kapitalismus ist auf Wachstum angewiesen und kann das auf der Erde nicht mehr in irgendeiner sinnvollen Art und Weise realisieren
- für die Massen wäre Raumfahrt schlicht und einfach ein Beschäftigungsprogramm. Ferner wäre der Raumfahrtsektor ein Bereich, wo Qualifizierte und Hochqualifizierte geschaffen werden, welche die Wirtschaft auch in anderen Bereichen braucht
- es ist besser, wenn sich Menschen im lebensgefährlichen All austoben als ihre Aggressionen auf der Erde loszulassen
- der Weltraum gehört zusammen mit der Religion und der Kunst in den Bereich dessen, was sich als Transzendenz bezeichnen lässt. Nämlich all die geistigen und körperlichen Aktivitäten, die zur bloßen Aufrechterhaltung der Existenz nicht notwendig sind, die aber den Menschen vom vernunftlosen Tier unterscheiden. Seitdem es Kultur gibt, gibt es auch Astronomie und mithin Raumforschung
- last but not least gibt es im Weltraum jede Menge Platz und unerschöpfliche Ressourcen
Dieser Logik zufolge führt ein Verzicht auf Raumfahrt zu
- schweren Wirtschaftskrisen (Überakkumulation)
- Massenarbeitslosigkeit und nicht ausgelasteten, aggressiven Zeitgenossen
- Verblödung, ja Vertierung
- beengten räumlichen Verhältnissen und Ressourcenmangel
Man könnte die Aussage aber auch verallgemeinern und sagen:
2. Die Menschheit degeneriert, weil sie sich generell Herausforderungen verweigert
Egal ob das nun der Weltraum ist oder die auf der Erde, egal ob es um Beschäftigungsprogramme bei NASA und ESA oder um die Bekämpfung der Armut geht.
Man könnte den Spieß auch umdrehen. So ist das "Solare Imperium" Kundigen nicht unbedingt für Friede, Freue, Eierkuchen bekannt. Es mag richtig gewesen sein, dieser doch sehr militaristischen Weltraum-Vision eine erdgebundene und friedliche Vision entgegen zu setzen. Wie es etwa die Grünen und die Ökobewegung getan haben. Nur werden
3. Erdgebundene Gegenkonzepte in ihr dysfunktionales Gegenteil verkehrt
Die Grünen sind nicht mehr für heile Welt im Grünen, sondern für skrupellose Machtpolitik gepaart mit grenzwertigem Zynismus bekannt. Sie haben längst ihren Frieden mit der Automobilindustrie geschlossen ("Biosprit") und ihre reiche Klientel will auf den Flieger nicht verzichten. Sie reden von "Nachhaligkeit" und heraus kommt Perspektivlosigkeit.