Von "Alle raus!" spreche ich auch nicht, und das scheinen mir auch sonst eher wenige zu tun. Es gibt viele ethnische Minderheiten in diesem Land, mit denen kaum jemand ein Problem hat, weil sie erstens wenige und zweitens im Umgang unproblematisch sind (Denken wir etwa an diverse asiatische Völker).
Ich bin mir nicht sicher, wie viele Japaner in Deutschland leben, aber es sind wenig genug, dass es nicht überall japanische Stadtteile gibt, dass nicht an jeder zweiten Straßenecke ein japanisches Restaurant steht, dass nicht jeder Dritte, der an einem vorbeigeht, Japanisch spricht, dass man auf der Straße nicht japanischen Gangs ausweichen muss.
Es gibt aber Ethnien, die hier in einer Zahlenstärke präsent sind, dass sie beginnen, ihre Umgebung dauerhaft umzuprägen. Und das ist schlicht inakzeptabel, und muss durch Reduzierung der Zahlenstärke dieser Minderheit gelöst werden.
Ein politisches Leitinteresse ist unabdingbar. Sonst hat man gar kein Ordnungsmoment, und steht nach jeder Antwort mit zwanzig neuen Fragen da. Das ist auf Dauer nicht tragfähig. Aus einer übergroßen Menge muss man selektieren - und das tut man immer nach einem bestimmten Muster.
Ich für meinen Teil orientiere mich etwa im Bereich der Geschichtsschreibung tendenziell immer an Personen mit eher pessimistischer Sichtweise, blende eher optimistische Positionen (die ich meistens reichlich albern finde) aus, und bin mir dessen auch durchaus bewusst.
Wenn es NUR um die Sprache ginge, wäre das so, sicherlich. Dann könnte man, wenn man denn mehrere Sprachen fließend spricht, auch mehreren Nationen angehören. Das ist aber in meinen Augen abwegig. Worum es geht, ist das Zusammenspiel aus Sprache, Raum, Geschichte und Mentalität.
Es gibt zum Beispiel klassische Händlervölker. Dazu gehören die Deutschen nicht.
Es gibt eher fröhlich-lockere Völker. Auch dazu gehören sie nicht.
Eine Portion Ernst und Schwermut ist immer irgendwo Bestandteil des Deutschen.
Toleranz ist in meinen Augen eine preußische Tugend, keine deutsche, und sie funktionierte in Preußen vor dem Hintergrund eines selbstzweckhaften, militärisch starken Staates, der alles akzeptierte, solange es sich in das Autoritätsgefüge eingliederte und effizient zur Stärkung des Staates beitrug. Preuße konnte daher prinzipiell jeder sein oder werden, die Staatszugehörigkeit war das einzige, was die Preußen gemeinsam hatten. So eine Art militärisch-autoritäre Version der USA.
Losgelöst vom preußischen Hintergrund halte ich Toleranz für keinen Wert, oder zumindest für keinen hohen.
Mit Verlaub, vor allem dann, wenn es um die Abwehr äusserer Feinde ging (etwa Napoleon), hat auch damals ein Gefühl des Deutschseins bestanden. Deutschland ist nie -bis heute nicht- ein zentralistisches Einheitsgebilde gewesen wie England oder Frankreich. Deutschland blieb polyzentral-föderal, jedenfalls staatspolitisch. Aber die vielen Gemeinsamkeit der Stämme sind es, um die es geht, nicht irgendeine politische Theorie, etwa im Sinne der Staatsnation nach französischem Muster. Deutschsein ist schicksal und eine vollkommen apolitische Angelegenheit.
Und ich wage zu bestreiten, dass sich die europäischen Nationen so ähnlich sind wie die deutschen Stämme, auch wenn es eine Annäherung gibt, die gernichtmal in jeder Hinsicht schlecht sein muss.
Die Sprache allein als Kriterium ist natürlich schwierig. Um den gesamten germanischen Sprachraum kann es nicht gehen. Schwierig ist der Fall der Niederländer und Flamen. Zumindest die älteren Jahrgänge hier in Westfalen sprechen noch Platt - da besteht kaum ein Unterschied zum Niederländischen.
Tendenziell würde ich Niederländer und Flamen zu den Deutschen zählen, die Dänen jedoch eindeutig nicht. Dänemark hat auch nicht wie der niederländischsprachige Raum zum Reich gehört. Mit leichten Abstrichen im Osten (Das mag historisch deutsch sein, wie es will, jetzt ist es polnische dominiert, also was will man damit?) halte ich als deutsche Grenzen die Forderungen des Deutschen Kollegs für recht einleuchtend.
Es ist ja auch -wie angedeutet- keine reine Frage des Raumes sondern eines Zusammenspiels mehrerer Faktoren. Natürlich, im Mittelalter hat man sich keinen Begriff von Nationalität gemacht, weil das damals eine Frage ohne Belang war. Machtbezug war der konkrete, personale Herrscher, nicht der abstrakte Staat, der neue Identifikationsmuster erforderte. Aber bestanden hat die Nation aös räumlich-kulturelle Größe bereits.
Man könnte sogar überlegen, ob das wieder eines dieser DInge ist, die in dem Moment entarten, wo sie Gegenstand bewusster Überlegungen werden.
So gesehen gäbe es auch zum Beispiel keine Amerikaner, und man müsste auch all den Separatisten auf der iberischen Halbinsel rechtgeben, die bestreiten, dass es Spanien überhaupt gibt.
Mit den Juden wiederum ist es eine spezielle Problematik aufgrund des unklaren Status als Religionsgemeinschaft oder Volk. Handelt es sich bei den Juden um ein Volk, kann ein Jude kein Deutscher sein, weil er nunmal bereits einem anderen Volk angehört, genau wie ein Franzose, Engländer, wasauchimmer. Handelt es sich um eine Religionsgemeinschaft, kann der Jude genauso Deutscher sein, wie es der Katholik kann. Da zum einen die Juden sich selbst als Volk begreifen und zum anderen heute bereits ihren eigenen Staat haben (der nicht zu rechtfertigen wäre, wenn sie kein Volk wären), bin ich geneigt, sie wesentlich als Volk zu sehen. Andererseits bestand der Staat damals nicht, und viele Juden haben sich wesentlich stärker mit Deutschland als mit ihrem Judentum identifiziert. Im ersten Weltkrieg haben viele Juden für das Reich gekämpft und sich hohe Auszeichnungen erworben. Bis zu einem gewissen Grad ist es geradezu absurd: Damals war die Trennung wenig scharf, aber der Antisemitismus wurde stark. Heute ist der kein Thema, aber die Trennung ist schroff.
Vor allen Dingen: Kompliziert.
Dann werden wir es in diesem Punkt bei der Feststellung unterschiedlicher Wahrnehmungen belassen müssen.
Zum einen: Klar. Zum anderen sehe ich aber nicht, woher dieser Vergleich seine Berechtigung nimmt. Es ist ja nicht so, als stünden wir einen Meter vor einem neuen Nationalsozialismus.
Kann ich nachvollziehen. Andererseits aber kann man nicht ein "so soll es sein" in den Raum stellen, und dann auf die Frage "Sonst...?" antworten: "Sonst gar nichts."
Richtlinien, die folgenlos in den Raum gestellt werden, sind bloße Empfehlungen - "Sie sollten hier nur 30 kmh fahren - aber Sie haben von uns auch nichts zu befürchten, wenn Sie 150 fahren...":rolleyes:
Richtlinien müssen ergänzt werden durch die Gewährung von Privilegien für die, die sie befolgen, und Negaktivsanktionen für die, die sie missachten.
Das kann nicht bedeuten "SO wird es gemacht, und jeder Abweichler wird erschossen."
Es kann aber auch nicht der Weg sein, es zu handhaben nach dem Motto "Solange alle einverstanden sind, könnt Ihr machen, was Ihr wollt, und trotzdem bekommt jeder gleich viel vom Kuchen."
Ich habe das nicht so geäussert. Wer es tut, hat meines Erachtens einen Schatten. Andererseits ist das aber auch wieder eine Trotzreaktion auf poltiische Korrektheit, die keine Antipathie gegen Fremdgruppen irgendeiner Art zulässt.
In einem fest verinstituinalisierten Sinne steht der noch fern, das ist klar, und eher bekommen wir wahrscheinlich Konzernstaaten oder sowas.
Global natürlich. Aber nicht im Sinne eines gleichen Anspruchs der Kollektive auf einen bestimmten Raum. In diesem Haus wohnt MEINE Familie, Gäste haben sich anständig zu benehmen, WIR stellen hier die Regeln auf, wer uns nicht passt, fliegt raus.
Wobei das nicht in einem demokratischen Sinne an der Mehrheitlichkeit hängt. Kehren hier 20 Gäste ein, ist die Familie in der Minderheit. Es ist immer noch UNSER und NUR unser Haus.
Jepp.
Es gibt kein Firmenkollektiv. Das ist ein rein individuelles Beschäftigungsverhältnis, für das ich bezahlt werde, und das ich jeder Zeit wieder verlassen kann. Am Arbeitsplatz mag man einzelne Freunde haben, aber ein wirkliches Kollektiv lassen nur wenige Berufe (etwa im Militär) entstehen.
Ich gehöre meiner Familie an, dem Stamm der Westfalen, der Nation der Deutschen. Da kann ich gar nichts wechseln.
Und grundsätzlich gilt bei den Kollektiven: Man mehreren angehören, sofern sie unterschiedlicher Art sind, aber immer nur einem der selben Art. Man kann nur EINER Familie angehören, EINER Nation, EINER Religion, EINER Kommune, EINER Armee, EINER Partei.
Ich würde nie sagen: Den Türken lehne ich ab.
Aber ich würde bei meinem Standpunkt bleiben, dass es von ihnen zu viele in Deutschland gibt, und das daran auch nichts geändert wird dadurch, dass er ein anständiger Kerl ist, mit dem ich vielleicht sogar gelegentlich ins Stadion ziehe oder ein paar Büchsen Efes verzimmere.
Das hat nichts mit einer Wertung zu tun. Einen absoluten Wert dieser Leute behaupte ich nicht. Es geht nur um eine gruppenmäßige Beziehung, die in einer klaren Abgrenzung besteht, die auch wieder was mit den Verhaltensrichtlinien zu tun hat. Ich kann ja schwerlich beispielsweise Heterosexualität als Standard definieren und dann sagen: "Och, Du bist da irgendwie anders drauf, auch kein Problem."
Klare Abgrenzung ist da das Minimum.
Die Forderung von "Offenheit" ist letztlich nur die nach der Abwesenheit von Vorgaben.
Wie der Papst einmal so richtig sagte: "Es kann nicht darum gehen, Menschen zu verprellen. Aber es muss jemanden geben, der ganz klar sagt: DAS ist katholisch, und DAS ist es nicht."
Zunächstmal sind die Schläger in einer solchen Situation nicht das Volkskollektiv, sondern nur EINER seiner Aspekte. Zum zweiten stünde ich in einer solchen Situation, die keine mir bekannte weitere Vorgeschichte hat, wohl auf seiten meiner Bekannten. Aber nicht, weil sie meine Bekannten sind, sondern weil es den Geboten der Ordnung (ein etwaiges Personenrecht ist mir da eher zweitrangig) entspricht, dass man nicht rumzurennen und irgendwann zusammenzuschlagen hat.
Weiterhin: Ich kann mich ja schlecht hier hinstellen und sagen: "Es sind zu viele Türken hier, soundsoviel Prozent davon müssen raus - aber nicht der Murad, das ist ein netter Kerl." So eine Aussage wäre in sich illegitim. Entweder besteht die Notwendigkeit - das ist meine persönliche Bezoehung zu diesen Leuten für das politische Faktum zweitrangig. Oder sie besteht nicht - dann brauchen wir die Diskussion nicht zu führen.
Eine solche Entfernung kann natürlich nicht ablaufen wie die große Fuchsjagd. Die Leute haben häufig anständig hier gearbeitet und ihren Beitrag zu diesem Land geleistet. Das bedeutet, dass man ihnen Zeit und Spielraum geben muss, etwa im Rahmen von Rückführungsprogrammen, bei denen die finanzielle Unterstützung bei früher Ausreise hoch ist, und später immer geringer wird, bis zur Deadline, an der die Abschiebung steht. Der Zeitraum dafür würde Jahre umfassen muss, man kann ja nicht einfach über Nacht jemanden mitsamt seiner Familie aus dem Land werfen.
Selbstverständlich - global angelegt. Ein spezifischer Raum jedoch kann nur EINEM Kollektiv der jeweiligen Ebene zuzordnen sein. Insofern "bayrisch" eine Untergruppe zu "Deutsch" ist, können die Deutschen Bayern bevölkern, weil eben Bayern Deutsche sind. Es können aber nicht Franzosen Deutschland bevölkern, denn das sind nicht Gruppen in einem Unterordnungsverhältnis, sondern Parallelgruppen, von denen jeweils nur EINE einen Raum besetzen kann, was ihn der jeweils anderen entzieht.
Ich kann Fan von Borussia Dortmund und von Preußen Münster sein (solange Münster nicht aufsteigt und Dortmund keinen grausamen Absturz hinlegt), kann darüberhinaus mit Celtic Glasgow sympathisieren, solange man im internationalen Geschäft nichts miteinander zu tun hat - ich kann NICHT gleichzeitig Anhänger von Borussia Dortmund und Bayern München sein.
Ich kann nur Katholik ODER Protestant sein, nicht beides.
Und so kann eben auch ein Raum nur uns ODER denen zueigen sind, uns UND denen - das ist nicht möglich.
Dann kommt es immer noch darauf an, WARUM der deutsche Mörder zum Mörder wurde. Ich kann jedenfalls nicht feststellen, mich einem Volksgenossen, der ein Tätungsdelikt begangen hat, automatisch ferner zu fühlen als einem gesetzestreuen Fremdbürger, was vermutlich das ist, worauf Du hinauswolltest.
In dieser Plattheit sicherlich.
Und gleichzeitig Täter. Das Ganze hat eine gewaltige Eigendynamik, so dass im besten Orwell´schen Sinne konkrete Personen, an denen man das System festmachen kann, kaum noch greufbar sind. Es ist ein Alptraum.
Keineswegs. Eine Volksgemeinschaft, die aus abgeschafften Individuen besteht, ist infunktionabel.
"Du bist nichts, dein Volk ist alles? Das wäre dann eine Summe aus lauter Nullen", heisst es bei Ernst Jünger irgendwo.
Individuum und Kollektiv stehen in einem äußerst komplexen Wechselspiel.
Keine von beiden Seiten besteht für sich. Das Individuum kann auf Dauer kein sinnvolles Leben frissten in einer Umgebung, in der das Kollektiv keine klaren Vorgaben setzt. Zu denen müssen sich die Menschen dann immer noch individuell verhalten, es kann ihnen kein Staat und keine Partei in jeder Situation sagen "Tu jetzt dies, dann jenes, und dann das", und wäre das möglich, wäre es nicht wünschenswert.
Ich bin kein Freund der Moderne, und misstraue dem modernen Staat zutiefst. Noch mehr aber misstraue ich dem losgelösten, nichtgebundenen Individuum.