Legalen Einwanderern wie äthiopischen Juden schlägt blanker Rassismus entgegen, illegalen "Gastarbeitern" droht Abschiebung - mancher hält sie für eine
"existentielle Bedrohung des jüdischen Staats".
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Der Wunsch der zionistischen Gründungsväter um Theodor Herzl, dass in Israel alle Juden leben, hat sich zwar bis heute nicht erfüllt, dennoch:
Wohnten zum Zeitpunkt der Staatsgründung im Jahr 1948 etwa 650.000 Juden zwischen Jordan und Mittelmeer, sind es heute knapp fünfeinhalb Millionen - aus Europa, Amerika, Asien und Afrika.
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Nach dem "Aufstieg" kam die Ernüchterung
Besonders die äthiopischen Juden sind es, denen zum Teil blanker Rassismus entgegenschlägt. Am vergangenen Donnerstag berichtete die "Jediot Aharonot" über einen Fall, in dem
ein dunkelhäutiger Soldat von seinem Vorgesetzten als "nerviger Nigger" bezeichnet wurde, im Juni wurde in der "Jerusalem Post" publik, dass
ein Busfahrer in Jerusalem einer farbigen Passagierin den Zutritt verwehrte und ihr, als sie durch die Hintertür den Bus bestieg, entgegen rief: "Ich lasse keine schwarzen Äthiopier in meinen Bus. Wer hat dich ins Land gelassen?"
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Für viele afrikanische Immigranten kam nach ihrem "Aufstieg" die Ernüchterung. Die meisten Einwanderer kamen mit den Operationen "Moses" und "Salomon" 1984 und 1991 ins Land. Damals gab es heftige Debatten darüber, ob sie überhaupt Juden seien: Die "Beta Israel", wie sich die äthiopischen Juden selbst nennen, stammen gemäß einer Legende aus der biblischen Verbindung zwischen König Salomo und der Königin von Saba ab. Manche sehen in ihnen auch den verlorenen Stamm Dan, einen der zwölf Stämme Israels aus dem Alten Testament.
Die Frage ihres religiösen Status ist mittlerweile geklärt, doch an den Lebensbedingungen hat sich dadurch nichts verändert. Viele äthiopische Juden müssen am Rand der israelischen Gesellschaft leben - als demographischer Puffer an der Peripherie. Die Arbeitslosigkeit ist überdurchschnittlich hoch. Diejenigen, die einen Job haben, verdienen sich ihr Geld meist nur als Reinigungskräfte oder Sicherheitsleute. In Politik, Wirtschaft und Armee sind die "Beta Israel" wie kaum eine andere Einwanderergruppe unterrepräsentiert.
Die Chance, durch Fleiß und Ehrgeiz in der Schule es später einmal zu schaffen und in der schillernden Mittelmeermetropole Tel Aviv oder andernorts einen gutbezahlten Job zu bekommen, ist gering.
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Städtische Schulen weigern sich, äthiopische Kinder aufzunehmen
Wie die Tageszeitung "Haaretz" am vergangenen Montag berichtete, hatten sich
ein Dutzend äthiopisch-stämmiger Juden bei der Stadtverwaltung von Petah Tikva ("Tor zur Hoffnung"), einer Stadt in der Nähe von Tel Aviv, dafür eingesetzt, dass ihre Kinder nicht nur eine, hauptsächlich von schwarzen Kindern besuchte, religiöse Schule besuchen dürften, sondern auch andere Einrichtungen in der Stadt.
Die örtlichen Behörden weigerten sich. Die meisten Anträge wurden, nach Angaben der "Haaretz" mit der Begründung abgelehnt, man könne andere Schulen nicht "zwingen" äthiopische Kinder aufzunehmen.
Gegen solche und ähnliche Entscheidungen demonstrieren die "Beta Israel" seit Jahren. Ohne großen Erfolg. Aber: sie können demonstrieren - im Gegensatz zu den Gastarbeitern, die sich illegal im Land aufhalten und deren Kinder zum Teil abgeschoben werden sollen. Für sie, so scheint es, bleibt das Tor zur Hoffnung verschlossen.
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Ganz Israel hat in den vergangenen Wochen und Monaten in heftigen Debatten darüber diskutiert, ob Kinder von Gastarbeitern, die illegal im Land sind, dort aber aufgewachsen sind, bleiben dürfen. Bis Anfang August hieß es, rund 1200 Kinder stünden vor der Abschiebung durch das zuständige Innenministerium unter der Führung Eli Yishais von der religiösen Shas-Partei. Mittlerweile hat man sich zwar darauf geeinigt, dass 800 von ihnen in Israel bleiben dürfen - weil ihre Eltern einstmals legal ins Land eingereist waren und dann die Dauer ihrer Aufenthaltserlaubnis überschritten haben. Die anderen 400 Kinder jedoch sollen Israel verlassen
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Sie hatte jüngst einen Brief an den Innenminister geschrieben,
indem sie ihn "aus ganzen Herzen" und "als Mutter von zwei kleinen Söhnen" darum bat, dass die Kinder bleiben dürfen. Doch Yishai bleibt stur. Bisher. Er sieht in den Kindern der einst legal eingewanderten und nun illegalen Gastarbeiter eine "existentielle Bedrohung für den jüdischen Staat."