Letztens erfuhr ich, dass es über das Sexleben von Prominenten ein "gentlemans agreement" gibt. Das ist englisch für "eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus" und geht so: Wenn der schwule Prominente oder Politiker den Dark Room aufsucht und sich da durchnehmen lässt oder durchnimmt, was ihm hingehalten wird, weiß es jeder, aber keiner sagt es. Das gleiche gilt für die heterosexuellen Kollegen.
Soweit wäre da nichts gegen zu sagen: Sex ist gesund und schon der Alte Fritz wusste, dass jeder nach seiner facon selig werden sollte
Nur werden da zwei Grundprinzipien mit Füßen getreten:
1. Leben und leben lassen
Nur zu oft werden da als mutmaßliche Schwule, wo sich dann einige outen, Leute genannt, die in der einem oder anderen Art für Menschenverachtung, bestenfalls Gleichgültigkeit gegenüber ihren Mitmenschen stehen. Haider, Beust, Westerwelle und Woweireit - ein facettenreiches Panorame an sozialer Eiseskälte, dass einen erschaudern lässt. Wie können Menschen aber von ihren Mitmenschen eine Toleranz verlangen, die sie selbst konsequent verweigern?
Hier haben wir die Frage nach der Heuchelei der arrivierten Schwulen. Vor 20 Jahren schrieb einer mal in einer Kontaktanzeige, dass man doch als Schwuler nicht zwangsläufig links sein muss. Das war verständlich, die Zuordnung zu einer politischen Schublade abzulehnen. Heute erlaube ich mir die Gegenfrage, ob man als erfolgreicher Schwuler in der einen oder anderen Art einer auf Menschenverachtung basierenden Weltanschauung huldigen muss. Sei es gelb, sei es braun.
2. Das Vorspielen einer Welt, die eine Lüge ist!
Wie groß ist der Anteil an "Klemmschwestern" im Sport, beim Klerus, in der Politik und der Wirtschaft wirklich. Also Leute, die den Schein des Heterosexuellen wahren, aber gern in Dark Rooms gehen und wo es jeder weiß und keiner sagt.
Wo - und das ist das Erbärmliche - sich noch die Anfeindungen gefallen lassen müssen, die zu ihrer Homosexualität stehen.
Hier haben wir die Heuchelei der Heteros, die eine Weltsicht vertreten, wo
- Heterosexualität die Norm ist
- "sex" (anatomisches Geschlecht) gleich "gender" (soziales Geschlecht) ist
- es nur 2 Geschlechter gibt
Diese Weltsicht ist so lebensfern und menschenfeindlich, wie es nur sein kann. Ein Freund von mir meinte angesichts der Schauspielerei allerorten, dass man da 30 Jahre braucht, um zu begreifen, dass die Welt so nicht ist. Sondern
- es gibt homos, bis und heteros
- "sex" und "gender" sind oft nicht deckungsgleich, widersprechen sich sogar
- es gibt beim Menschen wie bei Pilzen mehr als 2 Geschlechter
Dadurch, dass es Vorteile bringt, seine Rolle in einer Scharade zu spielen und Nachteile, zu sich, zum Menschen und der Welt zu stehen, wie sie ist, züchtet man nicht gerade nette Mitmenschen.
All die arroganten Schwulenpromis, die ich nicht mag, sind vielleicht so geworden, weil sie dem Druck dieser Normen ausgesetzt waren. Oder eine bigotte Gesellschaft hat gerade die "Schwuchtel" hochkommen lassen, die sich durch besondere Rücksichtslosigkeit und Menschenverachtung auszeichnete. Halt in den Klub passte.
So stellt sich die Frage: Wer sind die größten Heuchler?
Und wo sind die Lesben? Haben die vielleicht keine Probleme, weil sich die Heuchler und Phärisäer zwar über arschfickende Männer ereifern, aber bei zwei Frauen ... Oder ist das Lesbentum nicht so wichtig, weil in vielen Bereichen noch immer Männer dominieren?