Sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke Ihnen Herr (...) für die am 5.Juni.2015 an meine Adresse ergangene Nachricht (s. Anlage 1)
mit der Sie bzw. der hessischen Rundfunk auf meine am 1. Juni 2015 erfolgte Beschwerde reagiren,
in welcher ich dem hessischen Rundfunk eine Ausbeutung von Komparsen im Rahmen eines aktuellen
"Tatort"-Drehs vorwerfe (s. Anlage 2).
Leider können die von Ihnen in dieser Reaktion benannten Hinweise mich nicht davon überzegen,
dass meine Beschwerde nicht angebracht wäre. Lassen Sie mich bitte diese meine Entscheidung begründen.
Sie schreiben in Ihrer oben benannten Nachricht, Zitat:
"Die Komparsentätigkeit ist eine freiwillige und sehr begehrte Angelegenheit und für den hr nicht kostenlos.
Von Ausbeutung kann gewiss keine Rede sein. Entgegen Ihrer Behauptung zahlt der hr eine Aufwandsentschädigung, jedoch keine Gagen im Sinne des Tarifrechts."
Dass die Komparsentätigkeit eine freiwillige und sehr begehrte Angelegenheit für die Interessenten einer solchen Tätigkeit sein mag, ist mir einsichtig.
Ich erkenne aber gerade im Zusammenhang mit diesem Unstand die Problematik, dass der HR aus der vermutlich relativ hohen Nachfrage nach der Teilnahme an dieser Komparsentätigkeit Kapital schlagen will, sprich keine wirkliche Gage zahlen und damit Kosten sparen will. Diesen Eindruck bestätigt sowohl der von mir verlinkte Aufruf in der Frankfurter Neuen Presse (FNP)....
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.. als auch Ihr Hinweis,
dass der HR keine Gagen im Sinne des Tarifrechts für die benannte Komparsentätigkeit bezahlt.
Ihr Hinweis darauf, dass die benannte Komparsentätigkeit für den HR nicht kostenlos ist, werte ich - ich bitte um Verständnis - als substanzlos. Natürlich entstehen fast immer Kosten - auch dann wenn eine Tätigkeit mies oder gar nicht bezahlt erfolgt. Die Teilnehmer müssen versichert und in die Logistik des Drehs eingebunden werden und das leckere Mittagessen, von dem da euphorisch die FNP jubelt, wird wohl hoffentlich auch nicht aus den Altbeständen der HR.Kantine stammen, kostet also auch etwas.
Nur leider ist so vieles in diesem auf Gelderwerb fixierten Deutschland nicht kostenlos, dabei auch Dinge, die ganz einfach zu den Grundbedürfnissen von Menschen gehören wie Miete, Ernährung, medizinische Grundsicherung, Mobilität etc. und last but not least die Kosten für Mediennutzung, die im Falle des öff. Rundfunks inzwischen nicht mehr nur freiwillig ist, sondern von jedem Haushalt in Deutschland
zwangsweise erhoben wird (was ich privat als verfassungsfeindlich empfinde, da sich dieser Zwang nicht mit meiner Vorstellung einer freien Bürgerschaft verbinden lässt).
Otto Normalverbraucher braucht also Geld und weil nicht alle Nasen bei Günther Jauch oder der ARD-Lottofee eine satte Million Eurotaler abstauben können und nichts so wie viele Karrieristen in Politik, Medien und Wirtschaft auf satten Verdienst und Nebenverdienste hoffen können,
brauchen zig Millionen Menschen in diesem seltsamen Land bezahlte Arbeit oder zumindest einen halbwegs anständig bezahlten Job um nicht in eine unnötige Armut abzurutschen. Was diese Menchen am allerwenigstens brauchen ist die miese Schönrede der Regierung (von den Medien oft gestützt!), die uns weismachen will, uns ginge es allen gut bis sehr gut, während überall im Lande eine millionenfach betriebene Niedriglohnabzocke Millionen Menschen arm macht!
Aber genau an dieser millionefach verbreiteten bzw. versuchten Niedriglohnabzocke beteilgt sich der HR mit den von mir vehement kritisierten Konditionen der Komparsentätigkeit auf eine traurige sehr ausdrückliche Art und Weise und für diese Praxis des HR fehlt mir angsichts der wirtschaftlichen Situation des HR komplett das Verständnis. Es ist zwar nichts neues, dass gerade reiche Menschen und reiche Institutionen oft wie blöde zocken und damit viel überflüssige Armut provozieren, aber das war schon immer ekelerregend, wird immer ekelerregend sein und ruft hoffentlich immer streitbare Geister auf den Plan, die gegen diese mesnchenunwürdige Praxis angehen.
Meine Argumente, warum der HR sich betreffs der Komparsen ins beschämende Abseits stellt:
a) Aufwand und soziale Befindlichkeit:
Die Komparsen müssen laut Auskunft des verlinkten Aufrufs der FNP mit einer auf 8 Stunden terminierten Zeiitpräsenz am Drehort rechnen, sollen dabei ein Alter aufweisen, in denen viele Menschen dieser Altersgruppe einer beruflichen Tätigkeit nachgehen (müssen). Sprich dieser Personenkreis muss entweder einen Tag unbezahlten Urlaub nehmen oder sonst wie seine beruflichen Tätigkeiten (z.B. Studium) für diesen Arbeitstag schleifen lassen- als Student rate ich von letzterem ab. Und sollte wer arbeitslos sein (ein in diesem Land leider nicht unüblicher Status) hätten gerade derart von Geldnöten betroffenen Menschen eine faire Möglichkeit zum würdevollen Gelderwerb verdient, die ihnen unsere im Schnitt überreiche Gesellschaft nur zu oft leider verwehrt.
b) fachlche Qualifikation:
Laut FNP sucht der HR für die besagten Dreharbeiten
"25 Komparsen, die Reporter, Kameraleute und Fotografen während einer Pressekonferenz spielen“ - Zitat Christian Bender von der Pressestelle des Senders.
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Ich behaupte einmal, dass wenn nicht nur primitive Paparazzi-Stereotypen bedient werden sollen, ein gewisses schauspielerisches Talent, das Differenzierungen und Entwicklungen erkennen lässt, kein unbedingter Fehler wäre. Die Darstellung einer solchen Charakteristik ist sicher auch Laien möglich, erfodert dann aber deren Päsenz, Konzentration und Aufnahmefähigkeit. Mal so eben den Fotoapparat hochhalten um den Fotoreporter zu mimen, damit sollte es m.E. nicht getan sein. Insofern sehe ich die Komparsentätigkeit durchaus als Arbeit, die vielleicht einen noch eher unverbindlichen Jobchrakter aufweist, aber dann wenigstens die Mindestanforderungen an einen guten Job erfüllen sollte und das ist mit den benannten Konditionen des HR laut meiner Wahrnehmung definitiv nicht der Fall.
Wäre der HR eine unterfinanzerte Laienspielgruppe, die im Grüneburgpark mal Aktion für 200 nichtzahlende Gäste liefern will, würde ich mir den Vorwurf der Ausbeutung sparen, aber als gut bestallte Sendeanstalt, die im ARD-Verbund an den in Folge des zwangsweise von allen deutschen Haushalten erhobenen Rundbeitrages monetär stark profitiert, ist die auf die Komparsentätgkeit bezogene "Geiz ist geil" Mentalität des HR aus meiner Sicht hochpeinlich beschämend.
Hier zegt sich die Macht der Willkür, welche schamlos die scheinbar hohe Nachfrage an der Mitwirkung einer populären Fernsehsendung ausnutzt und dieser Verdacht lässt mich eine sozial aufgestellte Intelligenz vermissen, die für gute Mitarbeit auch gut bezahlt. De facto agieren die Verantwortlichen für diese willkürliche Komparsenausbeutung ähnlich miserabel wie die im Tatort gespielten Gangster, die auch die Willkür ihrer jeweiligen Macht zu nutzen suchen. Ich erlaube mir hier das zynische Fazit:
So kann man auch die Grenzen zwichen darstellenedem Spiel und trauriger Realität teils aufheben.
Kurzum: Ich halte meine Vorwürfe gegenüber dem HR bezüglich knallhart versuchter Ausbeutung von Komparsen voll und ganz aufrecht und werde mir weitere Schritte zur Bekämpfung dieser Ausbeutung überlegen und durchführen- ich habe genügend Druck im Kessel. M.E. verstößt die oben benannte Behandlung der Komparsen gegen das Mindestlohngesetz, denn der HR bzw. die ARD sind gewerbliche Anbieter einer Unterhaltungssendung wie dem Tatort, verdienen damit jede Menge Geld und haben keine Rechtsgrundlage in diesem Zusammenhang Menschen zu lächerlichen Niedriglöhnen auszunutzen!
Mit freundlichen Grüßen - schönes Wochende trotz aller Kontroverse
Thomas Schüller