Merkel und ihr Team haben offenbar erwartet, dass dieser von ihnen in Auftrag gegebene Film etwas mit der Lebensrealität der Menschen in Deutschland zu tun hat. Dass die "Bürger", die zu den "Dialogveranstaltungen" kommen, Probleme haben, die sich mit einem Kanzlerinnenlächeln lösen lassen.
Nach den fünf echten Schocksekunden tritt Merkel zu dem Mädchen, legt ihr die Hand auf die Schulter und lobt sie, "weil du ganz toll dargestellt hast, in welche Situation man kommen kann".
Ihr scheint nicht aufzugehen, dass das Mädchen nichts "darstellt", dass sie keine Statistin in diesem Bürgerdialog ist, sondern eine von diesen echten Menschen mit echten Problemen, um die es ja eigentlich gehen soll.
Immerhin ist Merkel ehrlich – sie tut nicht so, als wolle ihre Regierung Menschen wie Reem nicht abschieben. Da steckt das eigentliche Problem an Merkels Bürgerdialog: Das Regierungsprogramm wird konfrontiert mit der Realität.
Da wird schnell klar, dass die Unterscheidung in "gute" und "schlechte" Ausländer, wie die Bundesregierung sie gerade mit ihrem neuen Asylgesetz festgeschrieben hat, nichts taugt. Dass das Bleiberecht für "gut integrierte und rechtstreue Ausländer", das Bundesinnenminister Thomas de Maizière verspricht, der gut integrierten und gesetzestreuen Reem offensichtlich nicht nützt.
Merkels Bürgerdialog erlebt gerade, was schon viele Unternehmen erfahren mussten: Kampagnen können nach hinten losgehen, wenn tatsächlich die Meinung von Menschen gefragt ist.