Was kommt nach Ballack?
Von Steffen Dobbert
Verletzter Knöchel, Zwangspause und kein Vertrauen von Trainer Mourinho: Michael Ballack steckt in der Krise. Was bedeuten seine Probleme für die deutsche Nationalmannschaft?
Fast fünf Monate ist es her: Michael Ballack im Trikot von Chelsea London
Der Ball flog in den Strafraum, und mindestens die Hälfte aller Engländer betete für ein Tor. Dann drehte sich der Spieler mit der Nummer 13 und hämmerte das Ding mit seinem linken Fuß ins Netz. Das Stadion in London erbebte. Michael Ballack ballte die rechte Faust, sprang in die Luft und schrie lauter als jeder der fast 45.000 Zuschauer. Der 2:1-Siegtreffer gegen den FC Porto war ein Moment der Entscheidung. Ballack sicherte im März dieses Jahres dem FC Chelsea den Einzug ins Champions-League-Viertelfinale. Die Fan feierten ihn als „Michal Winner“, sein Trainer Jose Mourinho prophezeite in der „Nacht des Triumphes“ (The Independent): „Das Tor wird ihm gut tun.“
Wenigstens für ein paar Tage tat es das: In London erleichterte es ihm den stetigen Kampf gegen die Erwartungen; in Deutschland festigte es seinen Ruf des Weltklassefußballers, von dem es hierzulande keinen zweiten gibt. Und am 24. März lief er im EM-Qualifikationsspiel gegen Tschechien noch einmal in bestechender Form für die Nationalmannschaft auf den Platz. Seitdem fehlt Ballack.
Eine Knöchelverletzung, deren Behandlung zum Ärzte-Streit zwischen Chelseas Doktoren und denen der deutschen Nationalmannschaft führte, hindert ihn seit knapp fünf Monaten an der Ausübung seines Berufs. Der Mann, den Bundestrainer Joachim Löw am meisten vermisst, steckt in seiner wohl schlimmsten beruflichen Krise.
Offiziell gibt sich Ballack optimistisch. „Michael ist zuversichtlich, dass er demnächst zurückkehrt“, sagte Joachim Löw nach einem Gespräch mit ihm. Tatsächlich hat der Ex-Bayern-Spieler, den sie bei seiner Begrüßung in London als „kleinen Kaiser“ bezeichneten, wohl keine andere Wahl, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
Erst hieß es, er würde nur ein paar Monate ausfallen. Nun sollen es fünf oder sechs sein, bevor die fußballerische Schaffenszeit wieder beginnt. Und am Ende? Die Komplexität eines lädierten Fußballerfußes lässt keine sichere Prognose zu. Misslingt der erste Comeback-Versuch, wird der Zweite noch schwieriger. Bereits vor der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr knickte Ballack mit dem gleichen Knöchel um und fehlte in den ersten beiden WM-Spielen. Sein Trainer beim FC Chealsea rechnet zumindest in die nächsten Monate nicht mehr mit einem hundertprozentig gesunden Ballack: Unter den 23 Spielern, die Mourinho für die Hinrunde der Champions-League-Saison nominieren durfte, fehlt der Deutsche.
Um die internationale Zwangspause bis zum Jahresende zu begründen, werden in England derzeit einerseits Verschwörungstheorien um Vereins-Boss Roman Abramowitschden und Trainer Mourinho gesponnen. In der vergangenen Saison durfte der Stürmer Andrij Schewtschenko vermutlich nur selten spielen, weil der eine ihn kaufte, der andere ihn aber nicht wollte. Jetzt könnte es andersherum sein. Andererseits fragen sich viele: Wie standfest wird Ballacks linker Fuß jemals wieder werden? Über die Verfassung eines Knöchels zu spekulieren, ist müßig, und doch werden „die von Chealsea sich bei Ballacks Nichtnominierung was gedacht haben“, schlussfolgerte auch Nationalmannschafts-Stürmer Mario Gomez.
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