Umfrageergebnis anzeigen: Beeinflusst die Finankrise die Wahlen

Teilnehmer
43. Du darfst bei dieser Umfrage nicht abstimmen
  • die Finanzkrise beeinflusst meine Wahlentscheidung

    1 2,33%
  • die Finanzkrise hat keinen Einfluss auf meine Wahl

    30 69,77%
  • wegen der Krise werde ich die jetzige Politik unterstützen

    0 0%
  • wegen der Krise werde ich gegen diese Politik stimmen

    3 6,98%
  • wegen der Krise werde ich eine radikale Partei wählen

    1 2,33%
  • ich werde wieder eine radikale Partei wählen

    15 34,88%
  • ich werde wegen der Krise nicht wählen

    1 2,33%
  • ich wählte schon vorher nicht und werde das wieder tun

    4 9,30%
  • keine oder andere Meinung

    5 11,63%
Multiple-Choice-Umfrage.
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Thema: "Maß voll oder noch Platz drin?" - hat die Finanzkrise euer Wahlverhalten verändert?

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  1. #1
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    Standard AW: "Maß voll oder noch Platz drin?" - hat die Finanzkrise euer Wahlverhalten verände

    Zitat Zitat von Aldebaran Beitrag anzeigen
    Der Verlauf der Krise hat gezeigt, dass die Politik heute viel besser als etwa vor 80 Jahren reagiert. Man hat offensichtlich dazugelernt. warum sollte ich jetzt darauf verfallen, irgendwelche Ewiggestrigen zu wählen, die nichts dazugelernt haben?
    Die Krise vor 80 Jahren traf z. B. in Deutschland ein Volk, das durch den verlorenen Ersten Weltkrieg und die entsetzlichen Entbehrungen schon tief traumatisiert gewesen sein musste. Für die Arbeiter verschlechterten sich die Reallöhne gegenüber der Kaiserzeit (wo sie auch nicht gerade üppig waren), der Mittelstand wurde mit der Inflation seine Ersparnisse los. Nach den Wirren bis 1923 gab es gerade mal 6 Jahre Konsolidierung, wobei auch da das Elend groß gewesen sein musste. So nach dem Motto: kleiner Angestellte wird gekündigt und hängt sich auf :rolleyes:

    Heute dagegen sind seit Kriegsende 60 Jahre vergangen und wir haben fast alle zentralgeheizte Wohnungen und volle Kühlschränke Durch den langen Frieden und die Entwicklung der Produktivkräfte trifft die Krise nicht auf abgehärmte und aggressive, sondern satte und - leider! - zu träge Menschen. Deswegen wirkt sie sich hier nicht so aus wie 1929.
    Das hat aber nichts damit zu tun, dass die Verantwortlichen irgendwas gelernt haben. Mir scheinen sie genauso unverbesserlich zu sein wie damals. Und fleißig damit beschäftigt, jenen Wohlstand zu zerstören, der sie vor den Folgen ihrer Krise schützt.

  2. #2
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    Standard AW: "Maß voll oder noch Platz drin?" - hat die Finanzkrise euer Wahlverhalten verände

    Zitat Zitat von Beverly Beitrag anzeigen
    Die Krise vor 80 Jahren traf z. B. in Deutschland ein Volk, das durch den verlorenen Ersten Weltkrieg und die entsetzlichen Entbehrungen schon tief traumatisiert gewesen sein musste. Für die Arbeiter verschlechterten sich die Reallöhne gegenüber der Kaiserzeit (wo sie auch nicht gerade üppig waren), der Mittelstand wurde mit der Inflation seine Ersparnisse los. Nach den Wirren bis 1923 gab es gerade mal 6 Jahre Konsolidierung, wobei auch da das Elend groß gewesen sein musste. So nach dem Motto: kleiner Angestellte wird gekündigt und hängt sich auf :rolleyes:

    Heute dagegen sind seit Kriegsende 60 Jahre vergangen und wir haben fast alle zentralgeheizte Wohnungen und volle Kühlschränke Durch den langen Frieden und die Entwicklung der Produktivkräfte trifft die Krise nicht auf abgehärmte und aggressive, sondern satte und - leider! - zu träge Menschen. Deswegen wirkt sie sich hier nicht so aus wie 1929.
    Das hat aber nichts damit zu tun, dass die Verantwortlichen irgendwas gelernt haben. Mir scheinen sie genauso unverbesserlich zu sein wie damals. Und fleißig damit beschäftigt, jenen Wohlstand zu zerstören, der sie vor den Folgen ihrer Krise schützt.
    Alles richtig bis auf den Schluss. Es ist eigentlich Konsens in der Wirtschaftswissenschaft, dass sowohl die Notenbanken als auch die Finanzpolitik ab 1929 völlig falsch auf die Lage reagierten, insbesondere als sie sich 1931 mit der Bankenkrise verschärfte. Das ist heute ganz anders. Die Politik hat doch recht schnell und durchgreifend reagiert, vor allem wenn man bedenkt, dass es für eine solche Stabilisierungsaktion national keinen Präzendenzfall gibt - von den Schweden abgesehen, die das Anfang der 90er schon einmal durchexerzieren mussten.

    In den 30ern wirkten übrigens trotzdem die Selbstheilungskräfte des Marktes. Hitler kam genau in dem Moment an die Macht, als der Tiefpunkt gerade überwunden war, so dass er von einer ohnehin im Gang befindlichen Erholung profitieren konnte.

    Wir leben heute zwar auf einem materiell höheren Niveau, allerdings gibt es auch viel mehr Menschen, die wegen Alter oder Krankheit nicht in der Lage sind, sich "irgendwie durchzuschlagen". So gesehen ist unsere Gesellschaft eher noch empfindlicher gegen schwere Wirtschaftskrisen als die der 30er Jahre.

    Das ist schlimmer als ein Verbrechen, das ist ein Fehler!

    (Talleyrand)

  3. #3
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    Standard AW: "Maß voll oder noch Platz drin?" - hat die Finanzkrise euer Wahlverhalten verände

    Zitat Zitat von Aldebaran Beitrag anzeigen
    Alles richtig bis auf den Schluss. Es ist eigentlich Konsens in der Wirtschaftswissenschaft, dass sowohl die Notenbanken als auch die Finanzpolitik ab 1929 völlig falsch auf die Lage reagierten, insbesondere als sie sich 1931 mit der Bankenkrise verschärfte. Das ist heute ganz anders. Die Politik hat doch recht schnell und durchgreifend reagiert, vor allem wenn man bedenkt, dass es für eine solche Stabilisierungsaktion national keinen Präzendenzfall gibt - von den Schweden abgesehen, die das Anfang der 90er schon einmal durchexerzieren mussten.
    Der Fehler damals war gewesen, gerade im sozialen Bereich massive Einsparungen vorgenommen zu haben, um die enormen Verluste irgendwie zu kompensieren. Die Folge war ein Absinken der Kaufkraft, was dann zur Verschärfung der ohnehin schon angespannten Lage führte, mit den uns bekannten Folgen, wovon eine "Hitler" hieß. Aber die Geschichte ging weiter:

    Zitat Zitat von Aldebaran Beitrag anzeigen
    In den 30ern wirkten übrigens trotzdem die Selbstheilungskräfte des Marktes. Hitler kam genau in dem Moment an die Macht, als der Tiefpunkt gerade überwunden war, so dass er von einer ohnehin im Gang befindlichen Erholung profitieren konnte.
    Falsch! So war es eben nicht gewesen. 1933 trat der großartige Franklin Delano Roosevelt das Amt des US-Präsidenten an, und betrieb eine Politik, die unter dem Namen "New deal" bekannt wurde. Zentraler Punkt jener Maßnahmen waren staatliche(!) Investitionen, um die Binnenkonjunktur anzukurbeln. Gleichzeitig führte Roosevelt die progressive(!) Besteuerung und ein Sozialversicherungssystem ein.

    Hier seine Maßnahmen im Einzelnen:

    Zitat Zitat von Wikipedia
    - staatliches Überwachen der Börsen

    - Mindestpreise für Agrarprodukte

    - die Gewerkschaftsforderung nach einer 30-Stundenwoche fand Unterstützung bei den Unternehmern und wurde eingeführt.

    - Ein freiwilliger Arbeitsdienst (Civilian Conservation Corps – CCC) wurde organisiert, der für die Aufforstung und Bodenverbesserung eingesetzt wurde.

    - Zur Wirtschaftsbelebung wurden 122.000 öffentliche Gebäude, 1 Mio km Straßen und 77.000 Brücken gebaut. Verantwortlich dafür waren verschiedene Behörden (u. a. Civil Works Administration – CWA, Works Progress Administration – WPA).

    - Die Tennessee Valley Authority (TVA) baute 20 Staudämme im Tennesseetal.

    - Die landwirtschaftliche Produktion wurde reduziert, um den Farmern rentable Preise zu schaffen. Die Bundesregierung gewährte den Farmern dafür Geldmittel aus dem Agricultural Adjustment Act (AAA) vom 12. Mai 1933.

    - Den Gewerkschaften wurde eine feste rechtliche Grundlage gegeben, ein formelles Streikrecht wurde eingeführt.

    - Kinderarbeit wurde verboten.

    - Eine staatliche Rente wurde eingeführt.

    - Eine Arbeitslosenversicherung wurde ins Leben gerufen.

    - Für Industriearbeiter wurden Mindestlöhne eingeführt.

    - Ein Steuersystem mit niedrigen Sätzen für Arme und hohen Sätzen für Reiche wurde eingeführt.

    - Der private Goldbesitz wurde verboten (von 1933 bis 1974).
    Der einzige Schwachpunkt der Rooseveltschen New-Deal-Politik war der unterentwickelte Weltmarkt, der aber gebraucht wurde, um die Industrieüberschüsse aufzunehmen. Den gibt es aber heute, so dass jene Maßnahmen der BRD-Regierung, die sicherlich notwendig und politisch Vernünftig sind, nur die eine Seite der Medaille -um mal auf den Ausgangspunkt der Diskussion zurückzukommen. Du schreibst, dass schnell und durchgreifend reagiert wurde. Also von schnell kann keine Rede sein, und durchgreifend ist ein relativer Begriff, denn die in einer solchen Situation -so man aus den Fehlern der Weltwirtschaftskrise 1929/30 lernen möchte- notwendige Hebung der allgemeinen Kaufkraft und damit einhergehend die Initiierung staatlicher Konjunkturmaßnahmen waren bisher kein Gegenstand der Merkelschen Krisenpolitik. Und wenn diese ausbleiben sollten -was zu befürchten ist- , dann wird sich die Lage weiter verschärfen. Die von der BRD-Regierung korrigierten Prognosen zum Wirtschaftswachstum liegen jetzt noch bei gerade 0,2%; 2% sind allein nötig, um die Zahl der Arbeitsplätze konstant(!) zu halten. Und da selbst diese Einschätzung -denn mehr ist es ja nicht- wohl eher nach oben gerechnet wurde, ist die Rezession eine beschlossene Sache. Und die Eigendynamik einer solchen Situation kann gar nicht schwarz genug ausgemalt werden, vor allem dann, wenn immer noch am Dogma des sich selbstreinigenden und -regulierenden Marktes festgehalten wird. Viel Spaß beim Ausfüllen der HarzIV-Anträge.

    Zitat Zitat von Aldebaran Beitrag anzeigen
    Wir leben heute zwar auf einem materiell höheren Niveau, allerdings gibt es auch viel mehr Menschen, die wegen Alter oder Krankheit nicht in der Lage sind, sich "irgendwie durchzuschlagen". So gesehen ist unsere Gesellschaft eher noch empfindlicher gegen schwere Wirtschaftskrisen als die der 30er Jahre.
    In der Tat! Das ist sie. Aber leider -wie Beverly schon schrieb- auch viel träger, und durch ein opiates Mediensystem derart fernlenkend, dass an eine Mobilisierung der Massen oder zumindest an eine nachhaltige Änderung des Wahlverhaltens gar nicht zu denken ist -bestenfalls aus Gründen der politischen Lethargie, schlechtestenfalls aus Gründen der Resignation den demokratischen Mechanismen gegenüber. Der letztere Fall ähnelte dem Zustand der Weimarer Republik, als sie sich in ihren letzten röchelnden Zügen befand. Insofern sind beide Gründe wenig prickelnd.

    Rechnen wir mit dem Schlimmsten und hoffen das Beste.
    "Wir sind nicht in die Welt gekommen, um glücklich zu sein,
    sondern um unsere Pflicht zu tun."

    Otto von Bismarck. Schmied des Deutschen Reiches

  4. #4
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    Standard AW: "Maß voll oder noch Platz drin?" - hat die Finanzkrise euer Wahlverhalten verände

    Zitat Zitat von NITUP Beitrag anzeigen
    Der Fehler damals war gewesen, gerade im sozialen Bereich massive Einsparungen vorgenommen zu haben, um die enormen Verluste irgendwie zu kompensieren. Die Folge war ein Absinken der Kaufkraft, was dann zur Verschärfung der ohnehin schon angespannten Lage führte, mit den uns bekannten Folgen, wovon eine "Hitler" hieß. Aber die Geschichte ging weiter:
    Das Absinken der Kaufkraft ist nur ein Faktor von dreien, der allein nicht zu dieser Krise geführt hätte. Die beiden anderen Faktoren war das mit dem zu langen Festhalten am Goldstandard zusammenhängende viel zu hohe Realzinsniveau, das zu einer schrumpfenden Geldmenge führte, und dann noch der Zusammenbruch des Welthandels.



    Zitat Zitat von NITUP Beitrag anzeigen
    Falsch! So war es eben nicht gewesen. 1933 trat der großartige Franklin Delano Roosevelt das Amt des US-Präsidenten an, und betrieb eine Politik, die unter dem Namen "New deal" bekannt wurde. Zentraler Punkt jener Maßnahmen waren staatliche(!) Investitionen, um die Binnenkonjunktur anzukurbeln. Gleichzeitig führte Roosevelt die progressive(!) Besteuerung und ein Sozialversicherungssystem ein.

    Hier seine Maßnahmen im Einzelnen:
    Es gibt wenige Dinge, die so überschätzt werden wie der "New Deal".

    Der Erfolg war mäßig: Das Volkseinkommen erreichte 1937 kaum mehr als den Wert von 1929, nur um in einer Rezession im darauffolgenden Jahr wieder zurückzugehen. Was die USA wirklich aus der Depression herausgeholt hat, war der WK II. Ob es eine Alternative gab, ist natürlich eine akademische Frage. Auf die Selbtsheilungskräfte zu warten, hätte wahrscheinlich zu viele Opfer gefordert - die Wirtschaft ist ja kein Selbstzweck.

    Es ist der grundlegende Irrtum (nicht nur) linken Wirtschaftsdenkens, der Konsum könne langfristiges Wachstum generieren. Nur die Investitionen können das. Der Konsum muss dem Wachstum folgen. Nur kurzfristig kann er helfen, nämlich bei unausgelasteten Kapazitäten.

    Für diesen Irrtum müssen derzeit übrigens die Amerikaner und mit ihnen auch der Rest der Welt bezahlen. Der Auslöser der jetzigen Krise ist schließlich eine auf zu hohem Konsum basierende Überschuldung und ihre Verschleierung durch ein überdimensioniertes Finanzsystem.


    Zitat Zitat von NITUP Beitrag anzeigen
    Der einzige Schwachpunkt der Rooseveltschen New-Deal-Politik war der unterentwickelte Weltmarkt, der aber gebraucht wurde, um die Industrieüberschüsse aufzunehmen. Den gibt es aber heute, so dass jene Maßnahmen der BRD-Regierung, die sicherlich notwendig und politisch Vernünftig sind, nur die eine Seite der Medaille -um mal auf den Ausgangspunkt der Diskussion zurückzukommen. Du schreibst, dass schnell und durchgreifend reagiert wurde. Also von schnell kann keine Rede sein, und durchgreifend ist ein relativer Begriff, denn die in einer solchen Situation -so man aus den Fehlern der Weltwirtschaftskrise 1929/30 lernen möchte- notwendige Hebung der allgemeinen Kaufkraft und damit einhergehend die Initiierung staatlicher Konjunkturmaßnahmen waren bisher kein Gegenstand der Merkelschen Krisenpolitik. Und wenn diese ausbleiben sollten -was zu befürchten ist- , dann wird sich die Lage weiter verschärfen. Die von der BRD-Regierung korrigierten Prognosen zum Wirtschaftswachstum liegen jetzt noch bei gerade 0,2%; 2% sind allein nötig, um die Zahl der Arbeitsplätze konstant(!) zu halten. Und da selbst diese Einschätzung -denn mehr ist es ja nicht- wohl eher nach oben gerechnet wurde, ist die Rezession eine beschlossene Sache. Und die Eigendynamik einer solchen Situation kann gar nicht schwarz genug ausgemalt werden, vor allem dann, wenn immer noch am Dogma des sich selbstreinigenden und -regulierenden Marktes festgehalten wird. Viel Spaß beim Ausfüllen der HarzIV-Anträge.
    Absolut vordringlich ist die Stabilisierung des Finanzsystems und die Verhinderung einer Kreditklemme. Dazu gehört aber auch die Erhaltung des Vertrauens in die Finanzpolitik. Mehr als die "automatischen Stabilisatoren", nämlich die in einer Abschwächung zwangsläufig steigenden Sozialausgaben, wird man da nicht bieten können, wenn die Staatsschuld nicht ganz aus dem Ruder laufen soll.

    Das Problem eines Konjunkturprogramms in einer mit dem Rest der Welt eng verflochtenen Wirtschaft ist, dass nur ein Teil davon der inländischen Nachfrage zugutekommt - wenn es überhaupt die Nachfrage stimulier, denn das Beispiel Japans in den 90er Jahren zeigt, dass bei mangelndem Vertrauen zusätzliches Einkommen nicht in den Konsum fließt, sondern gespart wird. Das Ergebnis der japanischen Konjunkturprogramme ist eine gigantische Staatsschuld (170% des BIP) auf der einen und ein ebenso gigantisches Geldvermögen der privaten Haushalte auf der anderen Seite, was nur wegen des weltweit einmalig niedrigen Zinsniveaus die reale Wirtschaft nicht stranguliert.

    Besser wäre es, ohnehin geplante Investitionen vorzuziehen, indem man z.B. die Genehmigung von Kraftwerks- und Energieprojekten beschleunigte. Das würde dem Staat nicht einmal etwas kosten.


    Zitat Zitat von NITUP Beitrag anzeigen
    In der Tat! Das ist sie. Aber leider -wie Beverly schon schrieb- auch viel träger, und durch ein opiates Mediensystem derart fernlenkend, dass an eine Mobilisierung der Massen oder zumindest an eine nachhaltige Änderung des Wahlverhaltens gar nicht zu denken ist -bestenfalls aus Gründen der politischen Lethargie, schlechtestenfalls aus Gründen der Resignation den demokratischen Mechanismen gegenüber. Der letztere Fall ähnelte dem Zustand der Weimarer Republik, als sie sich in ihren letzten röchelnden Zügen befand. Insofern sind beide Gründe wenig prickelnd.
    So schlecht ist unser Personal an der Spitze gar nicht. Auf jeden Fall ist es viel besser als es 1933 war. Was Du Resignation nennst, nenne ich Einsicht in die Tatsache, dass Deutschland zwar immer noch ein recht dicker Fisch ist, der aber nicht (mehr) gegen den Strom schwimmen kann.


    Zitat Zitat von NITUP Beitrag anzeigen
    Rechnen wir mit dem Schlimmsten und hoffen das Beste.
    Gut, dem kann ich mich anschließen.

    Das ist schlimmer als ein Verbrechen, das ist ein Fehler!

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  5. #5
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    Standard AW: "Maß voll oder noch Platz drin?" - hat die Finanzkrise euer Wahlverhalten verände

    Zitat Zitat von Aldebaran Beitrag anzeigen
    Wir leben heute zwar auf einem materiell höheren Niveau, allerdings gibt es auch viel mehr Menschen, die wegen Alter oder Krankheit nicht in der Lage sind, sich "irgendwie durchzuschlagen". So gesehen ist unsere Gesellschaft eher noch empfindlicher gegen schwere Wirtschaftskrisen als die der 30er Jahre.


    Zitat Zitat von NITUP Beitrag anzeigen
    In der Tat! Das ist sie. Aber leider -wie Beverly schon schrieb- auch viel träger, und durch ein opiates Mediensystem derart fernlenkend, dass an eine Mobilisierung der Massen oder zumindest an eine nachhaltige Änderung des Wahlverhaltens gar nicht zu denken ist -bestenfalls aus Gründen der politischen Lethargie, schlechtestenfalls aus Gründen der Resignation den demokratischen Mechanismen gegenüber. Der letztere Fall ähnelte dem Zustand der Weimarer Republik, als sie sich in ihren letzten röchelnden Zügen befand. Insofern sind beide Gründe wenig prickelnd.
    Glaubt ihr tatsächlich, dass unsere Gesellschaft heute empfindlicher gegen Wirtschaftskrisen ist als in den 30er Jahren? Ich bezweifel dies, da die Armut breiter Schichten in den dreißiger Jahren ungleich größer war als heute. Sechs Millionen Arbeitslose 1932 hatten eine andere Dimension als sechs Millionen Unterbeschäftigte heute, denn die Erwerbsquote war insgesamt niedriger als heute. Die Familien waren damals größer - bei einem Ausfall des Alleinverdieners musste die ganze Familie von einer sehr geringen Arbeitslosenunterstützung leben. Der Staat war nicht in der Lage höhere Sozialleistungen zu zahlen, denn neben einer Wirtschaftskrise, die schlimmer war als diejenige heute, lasteten auch noch Reparationszahlungen auf dem Staatshaushalt. Eine neue exzessive Verschuldung um höhere Sozialleistungen zu zahlen, wollte man nach den Erfahrungen der Hyperinflation 1923 nicht erneut. Denn die Folge der Hyperinflation war, dass die Ersparnisse der Bevölkerung vernichtet worden waren.

    Ein weiter Unterschied ist, dass öffentliche Suppenküchen damals - anders als heute - ein Massenphänomen waren. Ein Massenphänomen in dem Sinne, dass auch größere Teile der Mittelschicht sich vor Suppenküchen anstellen mussten. Heute hat ein großer Teil der Bevölkerung Ersparnisse in sechs Jahrzehnten aufgebaut, die Sozialleistungen sind (noch) vergleichsweise größer und der Lebensstandard insgesamt höher, was auch an den über sechzig Jahren Frieden liegt. Genau aus diesem Grund gibt es heute auch noch keine politische Radikalisierung größerer Bevölkerungsschichten, auch wenn erste Ansätze zu erkennen sind. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Gesellschaft der Weimarer Republik dem politischen System feindlicher gegenüber stand als das heute der Fall ist - bitte nicht von diesem Forum auf die Allgemeinheit schließen. Damit verbunden gab es auch noch das Revanche-Denken nach dem verlorenen Krieg.

    Ich behaupte nicht, dass die jetzige Krise nicht noch schlimmer werden kann - noch ist sie es nicht.


    Zitat Zitat von Aldebaran Beitrag anzeigen
    Das Problem eines Konjunkturprogramms in einer mit dem Rest der Welt eng verflochtenen Wirtschaft ist, dass nur ein Teil davon der inländischen Nachfrage zugutekommt - wenn es überhaupt die Nachfrage stimulier, denn das Beispiel Japans in den 90er Jahren zeigt, dass bei mangelndem Vertrauen zusätzliches Einkommen nicht in den Konsum fließt, sondern gespart wird. Das Ergebnis der japanischen Konjunkturprogramme ist eine gigantische Staatsschuld (170% des BIP) auf der einen und ein ebenso gigantisches Geldvermögen der privaten Haushalte auf der anderen Seite, was nur wegen des weltweit einmalig niedrigen Zinsniveaus die reale Wirtschaft nicht stranguliert.

    Besser wäre es, ohnehin geplante Investitionen vorzuziehen, indem man z.B. die Genehmigung von Kraftwerks- und Energieprojekten beschleunigte. Das würde dem Staat nicht einmal etwas kosten.
    Ja, das Verteilen von Schecks an die Bevölkerung wäre nach der Erfahrung, die man in Japan gemacht hat, nicht sinnvoll. Sollte sich die Krise jedoch verschärfen, wäre ein staatliches Investitionsprogramm durchaus sinnvoll, so wie es auch Roosevelt getan hat. Man darf nicht vergessen, dass es in der öffentlichen Infrastruktur bereits heute einen Investitionsrückstau von mehreren hundert Milliarden Euro gibt. Soll sich dieser Rückstau immer weiter vergrößern und die Infrastruktur immer weiter verfallen?

    Zitat Zitat von Aldebaran Beitrag anzeigen
    So schlecht ist unser Personal an der Spitze gar nicht. Auf jeden Fall ist es viel besser als es 1933 war. Was Du Resignation nennst, nenne ich Einsicht in die Tatsache, dass Deutschland zwar immer noch ein recht dicker Fisch ist, der aber nicht (mehr) gegen den Strom schwimmen kann.
    Die Regierung hat in dieser Krise keine sehr gute Figur abgegeben. Es wirkte alles sehr unbeholfen und sporadisch. Erst wurde ein größeres Hilfsprogramm abgelehnt um es dann kurze Zeit später doch vorzuschlagen. Und das jetzt beschlossene Hilfsprogramm hat grobe handwerkliche Fehler. Auch die am Anfang abgelehnte gemeinsame europäische Lösung war alles andere als klug. Wenn man dann Politiker reden hört, wie den saarländischen Ministerpräsidenten, der mehr "Ethik" in der Wirtschaft fordert, dann fragt man sich, wie weltfremd ist der eigentlich? Als ob Ethik in der (kapitalistischen) Wirtschaft je eine Rolle gespielt hätte - das ist genauso naiv wie einst Kohl, der an die Wirtschaft appelliert hatte, sie solle aus "patriotischen" Gründen im Osten investieren.

  6. #6
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    Standard AW: "Maß voll oder noch Platz drin?" - hat die Finanzkrise euer Wahlverhalten verände

    Zitat Zitat von Cicero1 Beitrag anzeigen
    Glaubt ihr tatsächlich, dass unsere Gesellschaft heute empfindlicher gegen Wirtschaftskrisen ist als in den 30er Jahren? Ich bezweifel dies, da die Armut breiter Schichten in den dreißiger Jahren ungleich größer war als heute. Sechs Millionen Arbeitslose 1932 hatten eine andere Dimension als sechs Millionen Unterbeschäftigte heute, denn die Erwerbsquote war insgesamt niedriger als heute. Die Familien waren damals größer - bei einem Ausfall des Alleinverdieners musste die ganze Familie von einer sehr geringen Arbeitslosenunterstützung leben. Der Staat war nicht in der Lage höhere Sozialleistungen zu zahlen, denn neben einer Wirtschaftskrise, die schlimmer war als diejenige heute, lasteten auch noch Reparationszahlungen auf dem Staatshaushalt. Eine neue exzessive Verschuldung um höhere Sozialleistungen zu zahlen, wollte man nach den Erfahrungen der Hyperinflation 1923 nicht erneut. Denn die Folge der Hyperinflation war, dass die Ersparnisse der Bevölkerung vernichtet worden waren.

    Ein weiter Unterschied ist, dass öffentliche Suppenküchen damals - anders als heute - ein Massenphänomen waren. Ein Massenphänomen in dem Sinne, dass auch größere Teile der Mittelschicht sich vor Suppenküchen anstellen mussten. Heute hat ein großer Teil der Bevölkerung Ersparnisse in sechs Jahrzehnten aufgebaut, die Sozialleistungen sind (noch) vergleichsweise größer und der Lebensstandard insgesamt höher, was auch an den über sechzig Jahren Frieden liegt. Genau aus diesem Grund gibt es heute auch noch keine politische Radikalisierung größerer Bevölkerungsschichten, auch wenn erste Ansätze zu erkennen sind. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Gesellschaft der Weimarer Republik dem politischen System feindlicher gegenüber stand als das heute der Fall ist - bitte nicht von diesem Forum auf die Allgemeinheit schließen. Damit verbunden gab es auch noch das Revanche-Denken nach dem verlorenen Krieg.

    Ich behaupte nicht, dass die jetzige Krise nicht noch schlimmer werden kann - noch ist sie es nicht.
    Ich sagte ja, dass eine ähnlich schwere Krise wie damals viel schlimmere Auswirkungen hätte. Damals lebte z.B. noch 1/3 der Bevölkerung von der Landwirtschaft und konnte sich mehr oder weniger selbst versorgen. Das kann heute fast niemand. Vor allem aber denke ich an die Millionen chronisch Kranken, die auf eine stetige Medeikamentenversorgung angewiesen sind. Und es hat sich seitdem auch die Zahl der Alten vervielfacht.



    Zitat Zitat von Cicero1 Beitrag anzeigen
    Die Regierung hat in dieser Krise keine sehr gute Figur abgegeben. Es wirkte alles sehr unbeholfen und sporadisch. Erst wurde ein größeres Hilfsprogramm abgelehnt um es dann kurze Zeit später doch vorzuschlagen. Und das jetzt beschlossene Hilfsprogramm hat grobe handwerkliche Fehler. Auch die am Anfang abgelehnte gemeinsame europäische Lösung war alles andere als klug. Wenn man dann Politiker reden hört, wie den saarländischen Ministerpräsidenten, der mehr "Ethik" in der Wirtschaft fordert, dann fragt man sich, wie weltfremd ist der eigentlich? Als ob Ethik in der (kapitalistischen) Wirtschaft je eine Rolle gespielt hätte - das ist genauso naiv wie einst Kohl, der an die Wirtschaft appelliert hatte, sie solle aus "patriotischen" Gründen im Osten investieren.
    Diese Krise ist eine völlig neue Erfahrung. Es war vor dem Zusammenbruch der Lehman-Bank nicht vorhersehbar, dass der gesamte Interbankenmarkt jemals vollständig austrocknen könnte.

    Der Lernprozess verlief aber sehr schnell. Die Ablehnung des europäischen Fonds war richtig. Es kann nicht sein, dass Banken mit deutschem Geld herausgehauen werden, die aus steuerlichen Gründen nach Dublin gegangen sind bzw. dort Tochter- oder Zweckgesellschaften eröffnet haben.

    Es gibt auch keine europäische Institution, welche die Maßnahmen hätte durchführen können, die jetzt von den nationalen Regierungen beschlossen worden sind.

    Das ist schlimmer als ein Verbrechen, das ist ein Fehler!

    (Talleyrand)

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