Handelsblatt / 01.06.2023
GEOPOLITIK
Gegenpol zum Westen: BRICS-Staaten werben Verbündete ab
Südafrika und Saudi-Arabien galten bis vor Kurzem als Partner des Westens. Nun rücken sie näher an Russland und China heran. Vor allem Peking treibt die Erweiterung des Bündnisses voran.
Mehr als
ein Dutzend Staaten drängen auf Aufnahme in den BRICS-Klub der wichtigsten Schwellenländer. Bei einem Treffen im südafrikanischen Kapstadt beraten derzeit Regierungsvertreter aus den bisherigen Mitgliedstaaten über die Erweiterung. Unter den Kandidaten sind Berichten zufolge
Argentinien, Indonesien, Iran, Nigeria, Mexiko,
Saudi-Arabien und die
Türkei.
Je nachdem, wie die Erweiterungsrunde ausfällt, könnte durch den BRICS-Bund ein Gegengewicht zu den Bündnissen westlicher Demokratien entstehen. Das zumindest scheint das Ziel der chinesischen Regierung zu sein, die die Erweiterung vorantreibt. Neben China gehören bisher Brasilien, Russland, Indien und Südafrika zu den BRICS-Staaten.
Der wichtigste Beitrittskandidat ist
Saudi-Arabien. Das Land war lange eng mit den USA verbündet und lieferte sein Öl vor allem in westliche Staaten. Zuletzt näherte es sich aber stärker an China an. Die Volksrepublik wird künftig 690.000 Fass Öl pro Tag aus Saudi-Arabien beziehen. Zudem baut der saudische Ölgigant Aramco für zehn Milliarden Dollar eine Ölraffinerie in China. Der Finanzminister des Landes sagte im Januar, er sei daran interessiert, einen Teil des Ölhandels über den chinesischen Yuan abzuwickeln. Damit entstünde eine Konkurrenz zum derzeit dominierenden Petrodollar. „Die Saudis wollen nicht mehr einseitig auf die Amerikaner angewiesen sein“, sagt ein westlicher Geschäftsmann in Riad.
Die BRICS-Länder würden von einer Mitgliedschaft Saudi-Arabiens mehrfach profitieren. Riad könnte für Stabilität auf den Energiemärkten sorgen. Außerdem könnte es als Geldgeber die
New Development Bank (NDB) aufwerten. Diese von den BRICS-Staaten gegründete
Entwicklungsbank versteht sich als Alternative zum Internationalen
Währungsfonds (IWF) und zur
Weltbank und finanziert derzeit mit
33 Milliarden Dollar weltweit
96 Infrastrukturprojekte. Geplant war einmal deutlich mehr.
Peking und Riad wollen darüber hinaus ihre Investitionsprogramme in Einklang bringen. China investiert mit seiner „Belt and Road Initiative“ (BRI) weltweit in Infrastruktur, Saudi-Arabien tut mit seiner „Vision 2030“ Ähnliches. „Die BRI und die Vision 2030 ergänzen sich in vielerlei Hinsicht“, sagt Abdulaziz Al Sager, Vorsitzender des saudischen Gulf Research Center.
Vor allem China und Südafrika setzen sich für die Aufnahme neuer Mitglieder ein. Äußerungen von Chinas Staatschef Xi Jinping deuten darauf hin, dass er die BRICS-Staaten als ein Gegengewicht zu den USA und den westlichen Allianzen und Institutionen betrachtet.
„Die Aufnahme von frischem Blut wird der BRICS-Zusammenarbeit neue Vitalität verleihen und den Einfluss der BRICS-Staaten erhöhen“, sagte er beim Jahrestreffen des Staatenbunds vergangenes Jahr in Peking. Vor allem China und Südafrika setzen sich für die Aufnahme neuer Mitglieder ein.
Der südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor äußerte sich deutlicher: Der BRICS-Block sei „Teil einer neu modellierten globalen Ordnung“.
Südafrika richtet im August den BRICS-Gipfel aus, der final über die Aufnahme neuer Mitglieder entscheiden könnte. Die Erweiterung ist unter den Mitgliedern umstritten.
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