Geändert von Agesilaos Megas (12.05.2012 um 16:59 Uhr)
Ich bin nicht sicher, was du mit "privilegiert" und "Mitbürgern" meinst. Allerdings denke ich mal, daß zum Zeitpunkt der Ereignisse die Erinnerung der Griechen an die Zerstörung Korinths und das sonstige barbarische Treiben der Römer noch sehr lebendig war. Im übrigen besaßen da noch nicht einmal alle Italiker das römische Bürgerrecht (das kam erst unter Caesar).
"Die beiden Gelehrten Gabundus und Terentius diskutierten 14 Tage und 14 Nächte
lang über den Vokativ von Ego. Am Ende griffen sie zu den Waffen."
Umberto Eco
Ahoi, Gelehrter!
mabac schreibt, "die" dortigen Griechen seien unter den Römern privilegiert gewesen - das ist im Detail nicht so ganz korrekt. Gehen wir mal auf die Westseite: Attika, Achaia, Lakedaimon, Korinth wurden allesamt recht unterschiedlich behandelt, was die Schenkung der Freiheit betrifft (z.B. Athen und Sparta). Und das ist der Punkt: Die Vergabe der Privilegien wurde nicht auf die ganze Provinz Asia, wie es scheint, angewendet, sondern auf bestimmte Gemeinden: Auch wenn alle gr. Stadtgemeinden frei sein sollten, so konnte das nicht realisiert werden. Wie müssen wir uns das vorstellen? In der republikanischen Zeit galt das außenpolitische "Privileg" der Freundschaft zu Rom und der Unabhängikeit von Rom. Athen und Sparta waren civitates liberae - das ist belegt. In Asia gab es auch freie Stadtgemeinden - s. Testament -, aber nicht alle waren davon betroffen, manchen wurde sogar späterhin das Privileg entzogen. Plinius gibt ein Verzeichnis dieser privilegierten Städte (beruft sich leider auf august. Zeit); ebenfalls übernahmen ja die Römer selbst, als sie erbten, kein homogenes Gebilde, sondern Gemeinden, die entweder frei oder abhängig waren (ganz gleich, ob gr. oder nicht). Dass sie aber römische "Mitbürger" (cives) waren, wie mabac schreibt, ist problematisch, da die liberae civitates von der Provinzverwaltung weitesgehend unabhängig (Tribute, Rechtsprechung, Besatzung etc.) waren; das beweist, dass sie keine röm. cives sein konnten; Stadtgemeinden mit Bürgerrecht in den Provinzen waren späterhin municipia.
Die Privilegien sind also nicht nur nicht überall vorhanden, sondern auch marginal. Der Rest ohne Privilegien muss zahlen, was das Zeug hält, und wird ausgeplündert. Dass alle Griechen in Asia gemäß Testament dieses Privileg bekommen resp. behalten haben, das muss man mit Skepsis betrachten.
Interessant ist auch die röm. Propaganda, die alle Bemühungen des Mithridates schmäht. So muss man sich nur einmal die Charakterisierung des Aristion (Athen) anschauen, die so negativ ist, dass man schwerlich glauben kann, dass sie der zuverlässige Plutarch später so aus neutralen Quellen übernommen hat.
Geändert von Agesilaos Megas (12.05.2012 um 18:52 Uhr)
Nun, als Gelehrter dürfte Ihnen sicherlich noch der Zahlenstrahl aus der Grundschule vertraut sein. Das Pogrom von Ephosos fand im Jahr 88 vor der Geburt Ihres geliebten Messias statt.
Den "Italikern", sofern sie südlich des Po lebten, wurde bereits ein Jahr zuvor das römische Bürgerrecht verliehen.
Früher waren Dick und Doof zwei Personen.
Till Backhaus
Nun, als Gelehrter dürfte Ihnen sicherlich noch der Zahlenstrahl aus der Grundschule vertraut sein. Das Pogrom von Ephesos fand im Jahr 88 vor der Geburt Ihres geliebten Messias statt.
Den "Italikern", sofern sie südlich des Po lebten, wurde bereits ein Jahr zuvor das römische Bürgerrecht verliehen.
Gewiss bekamen sie es unter Caesar, aber nicht unter Gaius Iulius Caesar, sondern unter Lucius Iulius Caesar.
Früher waren Dick und Doof zwei Personen.
Till Backhaus
Nun, es werden ja auch Opferzahlen der jüngsten Neuzeit bezweifelt, revidiert oder gar geleugnet.
Laut moderner Geschichtsforschung sollen gar die Römer mehrere Millionen Hebräer in Palästina geholaucastet haben.
Aber bleiben wir beim Thema! Wenn in Ephesos im Jahre 88 BC 200.000 Menschen gelebt haben sollen, erscheint ein Haircut um 80.000 durchaus realistisch.
Geändert von mabac (13.05.2012 um 20:34 Uhr)
Früher waren Dick und Doof zwei Personen.
Till Backhaus
Ich war längere Zeit in Ephesos, und hatte viel Kontakt zu den archeologischen Mitarbeitern und den zahllosen Helfern. Dort gab es zwischen den Hängen Platz für absolut maximal 4.000 Wohnhäuser. Die letzten waren schon (vermutlich erst 200 - 250 nChr.) direkt in die Hänge geschlagen. Die normale Rechnung dürfte von ca 2.000 Häusern in der Zeit der Mithridatischen Kriege liegen.
Wo diese 200.000 Leute dort gelebt haben sollen, ist mir ein Rätsel.
Ich sprach wohlweißlich von "allen Italikern", nicht nur den durch die Lex Plautia Papiria Eingemeindeten. - Die Geburt Jesu, den außer mir noch zwei Milliarden Menschen als den Messias bekennen, tut zu den in Rede stehenden Ereignissen übrigens nichts zur Sache, deine süffisanten Hinweise sind daher sowohl töricht als auch überflüssig.
Dasselbe gilt für deine Einschätzung der Lage Griechenlands bzw. seiner Bevölkerung zum Zeitpunkt der Beendigung des römischen Bundesgenossenkrieges. Nicht nur, daß es dort keine römischen Bürger gab, wie Agesilaos Megas dargestellt hat, kann auch von irgendeiner von dir herbeiphantasierten "Privilegierung" keine Rede sein.
"Die beiden Gelehrten Gabundus und Terentius diskutierten 14 Tage und 14 Nächte
lang über den Vokativ von Ego. Am Ende griffen sie zu den Waffen."
Umberto Eco
Ja, schlimm, diese Leugner.
Das ist schon einmal ein guter Anhaltspunkt, aber lese gerade Hoamat:Aber bleiben wir beim Thema! Wenn in Ephesos im Jahre 88 BC 200.000 Menschen gelebt haben sollen, erscheint ein Haircut um 80.000 durchaus realistisch.
Wie groß könnten diese gewesen sein? Wieviele Leute schätzungsweise beherbergend? Wenn also in Ephesos nur 2.000 Häuser Platz fanden, so müsste ein Wohnhaus 100 Leute aufnehmen, um auf 200.000 zu kommen. Das erinnert mich aber eher an die stadtrömischen Insulae. Ob er mit den 200.000 die Einwohner von Asia generell meint? Wieviele Menschen lebten in Asia? Die Quellen (Val. Max.) sagen ja, dass in den Städten Asiae gemordet wurde, nicht nur in Ephesos. Nun ist die Frage, ob alle Städte in Asia, wenn man die Quellen so genau nehmen kann - vllt. wurde ja auch anderswo gemordet? - mind. 80.000 Römer (Träger des röm. Bürgerrechtes) beherbergten. Auch stört mich immer wieder, dass ein Mord in dieser Dimension literarisch kaum aufgearbeitet worden ist (was wohl der chaotischen Situation des Jahres 87/88 v. Chr. zuzurechnen ist).
Ich werde aus diesen Zahlen nicht schlau und halte sie immer noch für propagandistisch übertrieben.
Was meinst Du?
Was meinst Du?
Ferner geschehen auch schon vor Antritt des Erbes und vor der Bildung der Provinz Asia Zwistigkeiten um eben dieses Erbe. Dem Aristónikos schloss man sich ja auch bereitwillig an. Das schon zeichnet einen ersten Vorgeschmack auf die wohl bittere Stimmung, die unter Griechen und "Einheimischen" herrschen musste. Dieselbe Sache ist mir auch später dann bei Aristion, dem Tyrannen von Athen aufgefallen: Wenn er doch ein so böser Gewaltherrscher war, wie Plutarch schreibt, wie hat er dann aber die Athener zum Äußersten anstacheln können? Vgl. dazu seinen Rückzug auf die Akrópolis.
Wie stehst Du eigentlich zu den 80.000? Ich werde aus der Sache nicht schlau.
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