Dies ist der Steckbrief unseres Autors: Ulrich Becher, zu Berlin geboren im Jahre 1910, empfindsame Jugend in den „glücklichen zwanziger Jahren“, heiratet eine Tochter Roda-Rodas, emigriert 1938 aus Österreich vor den anrückenden deutschen Truppen erst in die Schweiz, dann nach Brasilien, schließlich 1944 nach New York. Viele sind diesen Weg gegangen; viele haben auf diesem Weg ihr Leben gelassen oder ihm, wie Stephan Zweig, selbst ein Ende gemacht. Die Geschichte der emigrierten deutschen Schriftsteller muß, uns allen zur Mahnung, noch geschrieben werden: eine Geschichte voller Blut, Not und Tränen. Denn eine Villa in Beverly Hills, in die der größte von ihnen, Thomas Mann, einziehen konnte, war eben auch nur ihm reserviert.
Ulrich Becher hat überlebt, er ist zurückgekehrt: ein kräftiger, großer Mann, in „der Blüte seiner Jahre“ – wie es so schön heißt. Aber wohin ist Ulrich Becher zurückgekehrt? In das Europa, das er, von den Wirren des Faschismus schon bedroht, 1938 verließ? In ein neues Europa? Täuschen wir uns nicht über die Antwort, die der Emigrant uns auf diese Frage geben würde. Ich bin fast sicher, daß er, einer der wichtigsten deutschen Schriftsteller von heute, antworten würde: er sei überhaupt nicht nach Europa zurückgekehrt, weil es kein Europa mehr gebe. Europa ist uns – würde er nicht ohne Bitterkeit argumentieren – zwischen den beiden Weltkriegen abhanden gekommen. Aber seine Trauer darüber sei so groß, daß er sich in seiner Arbeit ständig über zwei Dinge Rechenschaft abzulegen bemühe: was denn dieses alte Europa zuletzt gewesen sei und was in ihm den Keim zum Untergang getragen habe...